Beteiligungsrechte des Betriebsrats in wirtschaftlichen Angelegenheiten

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber in Bezug auf die wirtschaftlichen Entscheidungen, die sein Unternehmen betreffen, frei. An diesem Grundsatz wird auch durch die in §§ 106 bis 113 BetrVG enthaltenen Beteiligungsrechte des Betriebsrats nichts geändert. Allerdings ergeben sich aus den angeführten Nomen Unterrichtungspflichten für den Unternehmer.

I. Adressaten der Unterrichtungspflicht

Im Gegensatz zu den anderen Angelegenheiten trifft in den wirtschaftlichen Angelegenheiten die Unterrichtungspflicht nicht den Arbeitgeber, sondern den Unternehmer, also denjenigen, der die wirtschaftlichen Ziele verfolgt und über die Planungs- und Leistungsziele der Betriebe entscheidet. Wird also in den §§ 106 ff. BetrVG vom Arbeitgeber gesprochen, so ist hier der Unternehmer gemeint.

1. Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses

Aus § 106 Abs. 2 BetrVG ergibt sich für den Unternehmer die Pflicht, den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten, soweit dadurch nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden.

Ebenso muss der Unternehmer dem Wirtschaftsausschuss die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darstellen.

Eine solche Unterrichtungspflicht besteht jedoch nur, wenn auch ein Wirtschaftsausschuss besteht. Wurde ein solcher nicht eingerichtet, steht das Unterrichtungsrecht nicht dem Betriebsrat zu.

2. Unterrichtung des Betriebsrats

Dem Betriebsrat selbst steht ein Informationsrecht über geplante Änderungen zu, wenn in dem Unternehmen in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt werden.  Hierbei handelt es sich um einen speziellen Informationsanspruch in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Dieses Informationsrecht steht dem Betriebsrat unabhängig von den Unterrichtungspflichten des Wirtschaftsausschusses zu.

3. Unterrichtung der Arbeitnehmer

Gem. § 110 Abs. 1 BetrVG ist der Unternehmer in Unternehmen mit in der Regel mehr als 1000 ständig beschäftigten Arbeitnehmern verpflichtet, die Arbeitnehmer mindestens einmal vierteljährlich nach vorheriger Abstimmung mit dem Wirtschaftsausschuss schriftlich über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu unterrichten.

§ 110 Abs. 2 BetrVG sieht in Unternehmen mit weniger als 1000 ständig beschäftigten Arbeitnehmern, aber in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten ständigen Arbeitnehmern vor, dass die Unterrichtung auch mündlich erfolgen kann.

II. Begriff der wirtschaftlichen Angelegenheiten

§ 106 Abs. 3 BetrVG enthält eine beispielhafte Aufzählung, was unter den wirtschaftlichen Angelegenheiten zu verstehen ist, über die der Wirtschaftsausschuss zu informieren ist. Nach § 106 Abs. 3 BetrVG gehören zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten im Sinne von § 106 BetrVG insbesondere:

Eine Pflicht zur Unterrichtung besteht aber nur dann, wenn die Angelegenheit die Gefahr von wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft mit sich bringt.

III. Umfang der Unterrichtung

Nach § 106 Abs. 2 S. 1 BetrVG hat der Unternehmer den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Rechtzeitig im Sinne der Vorschrift bedeutet, dass die Unterrichtung vor der Entscheidung des Unternehmers zu erfolgen hat. Ist eine Entscheidung im zuständigen Unternehmensorgan bereits gefallen, kommt keine rechtzeitige Unterrichtung mehr in Betracht.

Für eine umfassende Unterrichtung ist erforderlich, dass dem Wirtschaftsausschuss alle erforderlichen Informationen für eine sinnvolle Beratung zur Verfügung gestellt werden. Die Unterrichtung muss verständlich sein, so dass dem Wirtschaftsausschuss die Angelegenheiten ggf. erläutert werden müssen. Die Unterlagen müssen dem Wirtschaftsausschuss auch dann vorgelegt werden, wenn die Vorlage von ihm nicht ausdrücklich verlangt wird.

Eine Grenze der Unterrichtungspflicht findet sich in § 106 Abs. 2 BetrVG. Danach besteht keine Unterrichtungspflicht, wenn Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch die Unterrichtung gefährdet werden würden. Eine solche Gefährdung kommt allerdings nur in engen Grenzen in Betracht.

IV. Möglichkeiten der Durchsetzung der Informationsrechte

Die Informationsrechte des Wirtschaftsausschusses nach § 106 BetrVG können auf drei Wegen durchgesetzt werden:

  • Einigungsstellenverfahren
  • Arbeitsgericht
  • Ordnungswidrigkeit

Bei dem Einigungsstellenverfahren nach § 109 BetrVG wird dem Betriebsrat die Möglichkeit eröffnet, eine Klärung der Einigungsstelle herbeizuführen, wenn entgegen dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses dieser nicht, nicht rechtzeitig oder nur ungenügend informiert wird und zwischen dem Unternehmer und dem Betriebsrat eine Einigung nicht zustande kommt.

Weigert sich der Unternehmer nach dem Einigungsstellenverfahren weiter, die nötigen Informationen zu geben, steht der Weg zu den Arbeitsgerichten offen.

Entscheidet die Einigungsstelle, dass der Unternehmer zur Erteilung einer Auskunft verpflichtet ist, und weigert sich der Unternehmer dennoch, die erforderlichen Informationen zu erteilen, kann er gem. § 121 BetrVG mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro belegt werden.
Auch dem Betriebsrat und den Arbeitnehmern steht die Möglichkeit zur Durchsetzung der entsprechenden Informationsrechte nach §§ 106, 110, 111 BetrVG zu. Gem. § 109 a BetrVG kann der Betriebsrat in Unternehmen, in denen kein Wirtschaftsausschuss besteht und die Auskunft im Fall von § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG nicht erteilt wird, die Einigungsstelle anrufen. Ebenso sind der Weg zu den Arbeitsgerichten und die Belegung mit einer Geldbuße entsprechend der obigen Ausführungen gegeben.

V. Der Wirtschaftsausschuss

1. Gründung und Funktion des Wirtschaftsausschusses

In Unternehmen mit mehr als 100 ständig Beschäftigten ist gem. § 106 Abs. 1 S. 1 BetrVG ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Wenn ein Unternehmen aus mehreren Betrieben besteht, werden die Arbeitnehmer der einzelnen Betriebe zusammengerechnet. Der Wirtschaftsausschuss wird auf Unternehmensebene gebildet.

Sind die Voraussetzungen von § 106 Abs. 1 S. 1 BetrVG erfüllt, besteht eine gesetzliche Pflicht zur Bildung eines Wirtschaftsausschusses, von der nur in einem Fall abgewichen werden kann: Nach § 107 Abs. 3 S. 1 BetrVG kann der Betriebsrat mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder beschließen, dass die Aufgaben des Wirtschaftsausschusses einem Ausschuss des Betriebsrats übertragen werden.

Es handelt sich bei ihm nicht um ein Mitbestimmungsorgan, sondern um einen gesetzlichen Ausschuss des Betriebsrats. Er stellt mithin ein Hilfsorgan des Betriebsrats dar und ist als Beratungs- und Informationsgremium das Bindeglied zwischen Unternehmer und Betriebsrat in wirtschaftlichen Angelegenheiten.

Dem Wirtschaftsausschuss kommt eine doppelte Funktion zu. Im Verhältnis zum Unternehmer steht ihm ein Unterrichtungs- und Beratungsanspruch zu, im Verhältnis zum Betriebsrat obliegt dem Wirtschaftsausschuss eine umfassende Unterrichtungspflicht.

2. Zusammensetzung des Wirtschaftsausschusses

Gem. § 107 Abs. 1 S. 1 BetrVG besteht der Wirtschaftsausschuss aus mindestens drei und höchstens sieben Mitgliedern. Diese werden nach § 107 Abs. 2 BetrVG vom Betriebsrat für die Dauer seiner Amtszeit bestimmt. Besteht ein Gesamtbetriebsrat, hat dieser die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses zu bestimmen. Aus wie vielen Mitgliedern innerhalb der vorgeschriebenen Größe sich der Wirtschaftsausschuss zusammensetzen soll, wird ebenfalls vom Betriebsrat bestimmt. Zu den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses muss mindestens ein Mitglied des Betriebsrats gehören. Bei den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses muss es sich um Unternehmensangehörige handeln. Zu beachten ist, dass auch leitende Angestellte Mitglieder des Wirtschaftsausschusses sein können. Nach § 107 Abs. 1 S. 3 BetrVG sollen die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche fachliche und persönliche Eignung besitzen. Unter der fachlichen Eignung ist hierbei die Eignung zu verstehen, die erforderlich ist, um tatsächlich im Wirtschaftsausschuss mitarbeiten zu können. Persönlich geeignet ist ein Mitglied, das über einen gesunden Menschenverstand verfügt und sich als verantwortungsbewusst, diskret und zuverlässig erwiesen hat.

3. Amtszeit

Die Amtszeit der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses endet mit der Amtszeit der Betriebsratsmitglieder. Werden die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses vom Gesamtbetriebsrat gewählt, so endet deren Amtszeit, wenn die Amtszeit der Mehrheit der Mitglieder des Gesamtbetriebsrats, welche den Wirtschaftsausschuss gewählt haben, endet. Daneben besteht nach § 107 Abs. 2 S. 3 BetrVG jederzeit die Möglichkeit, die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses durch den bestellenden Betriebsrat abzuberufen.

4. Sitzungen des Wirtschaftsausschusses

Nach § 108 Abs. 1 BetrVG soll der Wirtschaftsausschuss einmal monatlich zusammentreten. Gem. § 108 Abs. 2 S. 1 BetrVG hat an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses der Unternehmer oder sein Vertreter teilzunehmen. Über jede Sitzung hat der Wirtschaftsausschuss dem Betriebsrat nach § 108 Abs. 3 BetrVG unverzüglich und vollständig zu berichten. § 108 Abs. 5 BetrVG sieht darüber hinaus vor, dass der Jahresabschluss mit dem Wirtschaftsausschuss unter Beteiligung des Betriebsrats zu erläutern ist. Da es sich bei dem Wirtschaftsausschuss nur um ein Hilfsorgan des Betriebsrats handelt, ist die Anfertigung einer Niederschrift zu seinen Sitzungen nicht erforderlich.

5. Aufgaben des Wirtschaftsausschusses

§ 106 BetrVG regelt in seinen ersten zwei Absätzen die Aufgaben des Wirtschaftsausschusses. Ergänzt werden diese Vorschriften durch § 108 Abs. 4 BetrVG.

Dem Wirtschaftsausschuss obliegt gem. § 106 Abs. 1 S. 2 BetrVG die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten. Hierfür steht dem Wirtschaftsausschuss der Unterrichtungsanspruch nach § 106 Abs. 2 BetrVG zur Seite, wonach der Wirtschaftsausschuss vom Unternehmer die Information über wirtschaftliche Angelegenheiten und deren mögliche Auswirkungen auf die Beschäftigten verlangen kann.

Durch die Information des Betriebsrats durch den Wirtschaftsausschuss soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, wirtschaftliche Angelegenheiten bei der Ausübung seiner Beteiligungsrechte zu berücksichtigen.

Insoweit ergibt sich zwischen dem Betriebsrat und dem Wirtschaftsausschuss die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit. Während dem Wirtschaftsausschuss zwar umfassende Informationsrechte zustehen, hat dieser selbst keine Mitbestimmungsrechte. Umgekehrt hat der Betriebsrat in wirtschaftlichen Angelegenheiten nur eingeschränkte Informationsrechte, jedoch gewisse Mitbestimmungsrechte. Um eine möglichst effektive Zusammenarbeit zu gewährleisten, hat der Wirtschaftsausschuss die Pflicht, den Betriebsrat unverzüglich und vollständig zu informieren.