Was sind Betriebsänderung, Interessenausgleich und Sozialplan

Grundsätzlich gehören wirtschaftliche Angelegenheiten zur mitbestimmungsfreien unternehmerischen Sphäre. Die Beteiligung der Arbeitnehmer ist daher – verglichen mit den sozialen und personellen Angelegenheiten – eher schwach ausgestaltet.
In Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Betriebsrat jedoch Unterrichtungs-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechte, wenn eine Betriebsänderung vorliegt (§§ 111 bis 113 BetrVG).

Das Beteiligungsrecht bei Betriebsänderungen nach den §§ 111 ff. BetrVG hat folgende vier Voraussetzungen:

Inhaltsverzeichnis

I. Was ist eine Betriebsänderung?

Zentraler Anknüpfungspunkt für die Mitwirkung des Betriebsrats ist der Begriff der Betriebsänderung: Nach § 111 S. 1 BetrVG stehen dem Betriebsrat diverse Mitbestimmungsrechte zu, wenn Betriebsänderungen geplant sind, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können.

Der Begriff der Betriebsänderung ist im Gesetz nicht näher definiert. § 111 S. 3 stellt jedoch einen Katalog von fünf Fallgruppen auf, die „als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1“ gelten.

Damit ist der Begriff der Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG an zwei Komponenten gebunden:

1. Wesentliche Nachteile

Wesentliche Nachteile, die von Betriebsänderungen für die Belegschaft ausgehen, können materieller (Verlust des Arbeitsplatzes, Minderung der Vergütung, etc.) oder immaterieller Art sein (Leistungsverdichtung, Qualifikationsverluste, etc.).
Nach der Rechtsprechung wird für die in § 111 S. 2 BetrVG genannten Fälle die Gefahr wesentlicher Nachteile fingiert. Dies bedeutet, im Rahmen des § 111 S. 3 BetrVG ist eine Prüfung, ob ein wesentlicher Nachteil tatsächlich vorliegt, nicht vorzunehmen. Der Betriebsrat ist deshalb auch dann zu beteiligen, wenn im Einzelfall keine Nachteile zu befürchten sind oder ein solcher nur möglicherweise eintritt; ob ausgleichs- oder milderungsbedürftige Nachteile tatsächlich entstehen oder entstanden sind, ist erst bei der Aufstellung des Sozialplans zu prüfen.

2. Betriebsänderungen nach § 111 S. 3 BetrVG

Es ist umstritten, ob die fünf Fallgruppen des § 111 S. 3 BetrVG abschließend sind oder ob es sich hierbei nur um eine beispielhafte Aufzählung handelt. Der Streit hat in der Praxis jedoch keinerlei Auswirkungen, da die Fallgruppen des § 111 S. 3 BetrVG so umfassend ausgestaltet sind, dass sich so gut wie alle auftretenden Fälle unter diesen Katalog fassen lassen.

Nach § 111 S. 3 BetrVG gelten folgende Fälle als Betriebsänderungen im Sinne des § 111 S. 1 BetrVG:

(1) Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen

Stilllegung bedeutet die Auflösung der zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft. Der Unternehmer stellt seine bisherige wirtschaftliche Tätigkeit mit der ernstlichen Absicht ein, den Betriebszweck dauernd oder für eine wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne aufzugeben.

Eine Betriebsbeschränkung ist eine erhebliche, ungewöhnliche und nicht nur vorübergehende Herabsetzung der Leistungsfähigkeit des Betriebs. Eine solche Betriebsbeschränkung kann nicht nur in dem Ausserbetriebsetzung von Betriebsanlagen liegen, sondern auch durch (bloßen) Personalabbau geschehen.

Ein wesentlicher Betriebsteil liegt vor, wenn in ihm ein erheblicher Teil der Gesamtbelegschaft beschäftigt wird. Dabei ist auf die Zahlenwerte bei Massenentlassungen im Sinne des § 17 KSchG abzustellen. Es muss sich um mindestens 5 % der Belegschaft handeln.
Ein erheblicher der Belegschaft ist betroffen bei.

Betrieben mit in der Regel Personalabbau

  • 21-59 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer
  • 60-499 Arbeitnehmern 10 % oder mehr als 25 Arbeitnehmer
  • 500 oder mehr Arbeitnehmern mehr als 30 Arbeitnehmer, mindestens aber 5 %

Dabei kommt es jedoch nicht darauf an, dass die Arbeitnehmer alle gleichzeitig entlassen werden. Vielmehr müssen die Entlassungen alle auf einem einheitlichen Entschluss des Unternehmers beruhen (z.B. im Rahmen einer Sanierung). Keine Betriebsänderungen sind gewöhnliche Schwankungen der Betriebstätigkeit, die mit der Eigenart des jeweiligen Betriebes zusammenhängen (saisonale oder kurzfristige konjunkturelle Schwankungen).

(2) Verlegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen

Eine Verlegung ist jede nicht nur geringfügige Veränderung der örtlichen Lage des Standorts, beispielsweise die Verlegung vom Zentrum an den Stadtrand oder an einen 4,5 km entfernten Ort. Wird im Rahmen einer nicht unerheblichen Verlegung die alte Betriebsgemeinschaft tatsächlich und für unbestimmte, nicht nur vorübergehende Zeit aufgelöst und der Betrieb am neuen Ort mit einer im Wesentlichen neuen Belegschaft fortgeführt, liegt eine Stilllegung vor.

(3) Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben

Ein Zusammenschluss liegt vor, wenn aus mehreren bisherigen Betrieben ein neuer Betrieb gebildet wird oder ein bestehender Betrieb einen anderen Betrieb aufnimmt.

Entsprechend kann bei der Spaltung eines Betriebs der abgespaltene Teil ein selbstständiger Betrieb werden oder in einem anderen Betrieb aufgehen. Mit der Spaltung muss eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation verbunden sein. Dies ist der Fall, wenn die verselbstständigten Teile einer eigenen organisatorischen Leitung unterstellt werden.

(4) Grundlegende Änderung der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen

Betriebsorganisation ist die Ordnung, nach welcher die im Betrieb vorhandenen Produktionsmittel und die dort tätigen Arbeitnehmer zur Erfüllung des Betriebszwecks eingesetzt werden. Betriebszweck ist, der mit dem Betrieb verfolgte arbeitstechnische Zweck. Betriebsanlagen sind die technischen Einrichtungen, welche der Erfüllung des Betriebszwecks dienen.

Diese Fallgruppe wird durch das Merkmal „grundlegend“ beschränkt. Grundlegend ist eine Änderung von Betriebsorganisation, -zweck, oder -anlagen, wenn sie erhebliche Auswirkungen auf den Betriebsablauf hat oder einen Sprung in der arbeitstechnischen Entwicklung des Betriebs darstellt. Dies gilt insbesondere, wenn der Betriebsaufbau hinsichtlich der Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche umgewandelt wird. Im Zweifel ist auf die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer (erhebliche Teile der Belegschaft) und auf das Ausmaß nachteiliger Auswirkungen abzustellen.

(5) Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren

Dieser Tatbestand steht in Zusammenhang mit dem vorherigen, er stellt aber mehr auf die Verwertung der menschlichen Arbeitskraft ab. Die Einführung völlig neuer Maschinen kann daher beiden Tatbeständen unterfallen. Auch diese Fallgruppe wird durch das Merkmal „grundlegend“ eingeschränkt. Die Arbeitsmethode oder das Fertigungsverfahren muss nicht für die Branche, sondern für den konkreten Betrieb neu sein.

II. Unterrichtung und Beratung

Der Unternehmer hat den Betriebsrat rechtzeitig über Art, Umfang, Gründe und Auswirkungen der geplanten Maßnahmen zu unterrichten (§ 111 S. 1 BetrVG).

Nicht mitgeteilt werden müssen Vorüberlegungen mit Planspielen zu denkbaren Auswirkungen, die sich noch nicht im Konzept verdichtet haben. Die Informationspflicht beginnt, wenn der Arbeitgeber ernsthaft eine Betriebsänderung plant, wobei die Planung (noch) nicht unumstößlich sein muss. Die Information muss so frühzeitig erfolgen, dass der Betriebsrat noch Einfluss auf die Planung nehmen kann. Sie muss somit in jedem Fall noch vor Beginn der Ausführung erfolgen.

Der Unternehmer hat dem Betriebsrat die Unterlagen zugänglich zu machen, die Grundlage für die Entscheidung über die Betriebsänderung sind, und er muss mit ihm anhand der Unterlagen das Für und Wider der geplanten Maßnahmen erörtern. In der Beratung geht es um den Interessenausgleich und Sozialplan.

Bei Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern (egal ob wahlberechtigt oder nicht) kann der Betriebsrat zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen (§ 111 S. 2 BetrVG).

Streitigkeiten über die Frage, ob eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vorliegt und ob der Unternehmer seiner Unterrichtungs- und Beratungspflicht nachkommt, entscheidet das Arbeitsgericht auf Antrag im Beschlussverfahren.

III. Interessenausgleich

Über die geplante Betriebsänderung soll ein Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat darüber ausgehandelt werden, ob, wann und wie die geplante Betriebsänderung durchgeführt wird (§ 112 Abs. 1 S. 1 BetrVG).

1. Begriff und Inhalt

Der Interessenausgleich ist eine Abwägung der wirtschaftlichen Interessen des Unternehmers mit den Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb. Er betrifft alle Fragen der organisatorischen Durchführung einer Betriebsänderung, die nicht Gegenstand eines Sozialplans sind, d.h. die nicht Regelungen zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile betreffen. Er soll (im Vorgriff auf den Sozialplan) erreichen, dass Nachteile für die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer überhaupt nicht entstehen, sich zumindest aber in Grenzen halten.
Damit sind insbesondere Fragen der Personalplanung zu entscheiden – insbesondere ob Arbeitnehmer entlassen werden müssen oder versetzt oder umgeschult werden können.

2. Rechtswirkungen

Der Interessenausgleich ist, rechtsdogmatisch gesehen, eine kollektive Vereinbarung besonderer Art. Er bindet beide Betriebsparteien. Der Unternehmer darf deshalb die geplante Betriebsänderung nur in dem Umfang durchführen wie im Interessenausgleich bestimmt. Der Betriebsrat hat seine Beteiligungsrechte bei den zur Durchführung der Betriebsänderung erforderlichen Maßnahmen gemäß den Absprachen im Interessenausgleich auszuüben.

Da es sich beim Interessenausgleich nicht um eine Betriebsvereinbarung, sondern eine kollektive Vereinbarung besonderer Art handelt, hat er demzufolge per se keine unmittelbare und zwingende Wirkung auf die einzelnen Arbeitsverhältnisse.

Inwieweit der Interessenausgleich auch unmittelbar für das einzelne Arbeitsverhältnis gelten soll, ist durch Auslegung zu ermitteln. Enthält der Interessenausgleich beispielsweise eine Liste mit Namen all derjenigen Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, entfaltet dies unmittelbare Wirkung für das Arbeitsverhältnis des betroffenen Arbeitnehmers.

Wird dem Arbeitnehmer z.B. im Rahmen der Betriebsänderung nach § 111 BetrVG betriebsbedingt gekündigt, und wurde er im Interessenausgleich namentlich bezeichnet, wird nach § 1 Abs. 5 KSchG vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Gründe bedingt ist, d.h. dass keine Möglichkeit der Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz besteht.

Die Namensliste muss unter Berücksichtigung des Schriftformerfordernisses erstellt und mit dem Dokument über den Interessenausgleich fest verbunden sein (z.B. getackert).

Damit ergeben sich aus der Namensliste für den betroffenen Arbeitnehmer zweierlei Konsequenzen:

  • Zum einen wird die Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung der Kündigung eingeschränkt; neben der Vermutung dringlicher betrieblicher Gründe für die Kündigung (s.o.) ist auch die Überprüfung der Sozialauswahl durch das Arbeitsgericht eingeschränkt: Sie ist nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen. Eine solche grobe Fehlerhaftigkeit liegt vor, wenn die durch die Liste getroffene Auswahl jede Ausgewogenheit vermissen lässt (BAG vom 21.01.1999, 2 AZR 624/98).
  • Zum anderen erfolgt im Kündigungsschutzverfahren eine Beweislastumkehr zulasten des Arbeitnehmers: Er muss nun darlegen und beweisen, dass für ihn eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb des Arbeitgebers vorhanden ist (s.o.). Damit ist das Prozessrisiko weitestgehend auf den Arbeitnehmer abgewälzt.

Die Erstellung eines Interessenausgleichs mit Namensliste gemäß § 1 Abs.5 KSchG entbindet den Arbeitgeber nicht von der Anhörung des Betriebsrats zu den auszusprechenden Kündigungen nach § 102 BetrVG (BAG vom 20.05.1999, 2 AZR 148/99). Die Betriebsratsanhörung kann jedoch mit den Verhandlungen über den Interessensausgleich und der Namensliste verbunden werden. Sie unterliegt dabei jedoch keinen erleichterten Anforderungen.

3. Verfahren

Gelingt ein Interessenausgleich nicht, können Unternehmer oder Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen (§ 112 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Ein Einlassungszwang für die jeweils andere Seite besteht nicht. Unternehmer und Betriebsrat können alternativ auch jede andere Person oder Stelle um Vermittlung bitten.

Unabhängig davon können beide Seiten die Einigungsstelle anrufen (§ 112 Abs. 2 S. 2 BetrVG), auch wenn es nicht zu einem Vermittlungsversuch kommt oder die Vermittlung erfolglos bleibt. Ruft der Betriebsrat die Einigungsstelle nicht an, so muss der Unternehmer das tun. Die Einigungsstelle hat einen Vorschlag zu unterbreiten. Dieser hat zwar großes tatsächliches Gewicht, er ist für die Parteien aber nicht verbindlich (§ 112 Abs. 3 S. 2 BetrVG); dem Unternehmer bleibt die Letztentscheidung.

Kommt ein Interessenausgleich zustande, ist er schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterscheiben (§ 112 Abs. 3 S. 3 BetrVG). Die Wahrung der Schriftform ist Voraussetzung für die Wirksamkeit des Interessenausgleichs. Er muss jedoch weder in einer gesonderten Urkunde niedergelegt noch ausdrücklich als Interessenausgleich bezeichnet werden; es genügt, wenn er Bestandteil eines Sozialplans ist und die Betriebsparteien darin einig sind, dass die Maßnahmen so, wie im Sozialplan vorgesehen, durchgeführt werden.
Etwaige Fristen für den Versuch des Zustandekommens eines Interessenausgleichs existieren nicht.

IV. Sozialplan

Unabhängig davon, ob ein Interessenausgleich zustande gekommen ist oder ob der Unternehmer das Verfahren zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs versucht hat, kann ein Sozialplan vereinbart werden. Der Sozialplan ist nach der Legaldefinition in § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, welche den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen. Im Gegensatz zum Interessenausgleich ist, soweit § 112 a nichts anderes ergibt, die Aufstellung des Sozialplans im Mitbestimmungsverfahren erzwingbar (Abs. 4). Für die Zulässigkeit seines Inhalts ist deshalb ausschlaggebend, ob Arbeitgeber und Betriebsrat sich einigen (vereinbarter Sozialplan) oder ob die Einigungsstelle entscheidet (erzwungener Sozialplan).

1. Begriff und Zweck

Wie der Interessenausgleich verfolgt der Sozialplan den Zweck, eine geplante und nach den Interessen des Arbeitgebers notwendige Betriebsänderung so zu gestalten, dass für die betroffenen Arbeitnehmer keine unverhältnismäßige Belastung entsteht. Während aber der Interessenausgleich verhindern soll, dass wirtschaftliche Nachteile für die Arbeitnehmer entstehen, ist es Aufgabe des Sozialplans, dass gleichwohl entstehende wirtschaftliche Nachteile ausgeglichen oder gemildert werden (§ 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Wie dieses Ziel erreicht wird, überlässt das Gesetz primär den Betriebsparteien. Nur wenn sie sich nicht einigen, entscheidet die Einigungsstelle, deren Ermessen durch die in Abs. 5 genannten Gesichtspunkte, insbesondere durch die dort in Satz 2 festgelegten Leitlinien begrenzt wird.

Nicht Gegenstand des Sozialplans sind Maßnahmen, die das Ob und Wie der Betriebsänderung betreffen, d.h. Maßnahmen, die soziale Nachteile verhindern sollen, bspw. Kündigungsverbote oder Versetzungs- und Umschulungspflichten. Sie gehören in den Interessenausgleich (s.o.). Sie können jedoch im Rahmen eines freiwilligen Sozialplans mit aufgenommen werden. Die Einigungsstelle kann solche Vereinbarungen nicht zum Gegenstand des Sozialplans machen. Der Sozialplan ersetzt auch nicht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Dafür haben die Betriebsparteien keine Regelungsmacht.

Umstritten ist, ob dem Sozialplan eine Entschädigungsfunktion zukommt (sog. Entschädigungstheorie) oder dieser nur eine Überbrückungs- und Vorsorgefunktion hat (Theorie der Daseinsvorsorge). Von dem Unterschied hängt ab, ob der Verlust des Arbeitsplatzes als solcher bereits einen wirtschaftlichen Nachteil darstellt, wie von der Entschädigungstheorie angenommen wird, oder ob eine ausschließlich zukunftsorientierte Betrachtung maßgebend ist, so dass bei Verlust des Arbeitsplatzes ein Abfindungsanspruch nur insoweit festgelegt werden kann, als dem Arbeitnehmer „durch die Entlassung die kontinuierliche Verwertung seiner Arbeitskraft zur Bestreitung des Lebensunterhalts für eine nicht unerhebliche Zeit unmöglich gemacht wird“. Die Rechtsprechung lehnt die sog. Entschädigungstheorie ab und betont die Zukunftsbezogenheit des Sozialplans: Sein Zweck bestehe darin, „mit einem begrenzten Volumen möglichst allen von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmern eine verteilungsgerechte Überbrückungshilfe bis zu einem ungewissen neuen Arbeitsverhältnis oder bis zum Bezug von Altersrente zu ermöglichen“ (BAG vom 10.02.2009, 1 AZR 767/07).

Der Streit ist jedoch insoweit erheblich, als es sich um einen Sozialplan handelt, der erst durch den Spruch einer Einigungsstelle zustande gekommen ist (erzwungener Sozialplan). Beschließen die Betriebsparteien hingegen einen sog. freiwilligen Sozialplan, können sie bei dessen Abschluss in den Grenzen von Recht und Billigkeit (§ 75 BetrVG) frei darüber entscheiden, welche Nachteile, die der Verlust eines Arbeitsplatzes mit sich bringt, durch eine Abfindung ausgeglichen oder gemildert werden sollen. Insbesondere sind sie nicht an die in Abs. 5 normierten Richtlinien für die Einigungsstelle gebunden.

2. Rechtsnatur und Rechtswirkungen

Sozialpläne sind Betriebsvereinbarungen besonderer Art (§ 112 Abs. 1 S. 3 BetrVG). Sie können entgegen der Tarifsperre des § 77 Abs. 3 BetrVG – auch Bestimmungen zu Arbeitsbedingungen enthalten, die auch in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise dort geregelt werden. Damit gilt zugunsten des Sozialplans im Verhältnis zum Tarifvertrag das Günstigkeitsprinzip.

(1) Unmittelbare Wirkung

Sozialpläne wirken normativ. Dies bedeutet, dass Ansprüche auf Sozialleistungen, die dort geregelt sind, dem betroffenen Arbeitnehmer unmittelbar und zwingend zustehen (§ 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG). Dies gilt auch für Mitarbeiter, die infolge der Betriebsänderung bereits ausgeschieden sind, sofern dies im Sozialplan bestimmt ist.

Wann die Sozialplanleistungen fällig sind, richtet sich nach der Vereinbarung. Für ihre Geltendmachung können Ausschlussfristen vorgesehen werden. Da es sich bei ihnen um Ansprüche „aus dem Arbeitsverhältnis“ handelt, unterliegen sie auch etwaigen tariflichen Ausschlussfristen. Verzichten kann der Arbeitnehmer auf Sozialplanansprüche nur mit Zustimmung des Betriebsrats (§ 77 Abs. 4 S. 2 BetrVG). Verstirbt der Arbeitnehmer, nachdem zu seinen Gunsten Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan entstanden sind, können diese Ansprüche vererbt werden. Wann ein solcher Anspruch entsteht, regeln die Betriebsparteien.

(2) Form des Sozialplans

Der Sozialplan bedarf zu seiner Wirksamkeit der Schriftform (§ 112 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BetrVG). Der Sozialplan ist vom Arbeitgeber und Betriebsrat, d. h. vom Betriebsratsvorsitzenden oder seinem Stellvertreter, zu unterschreiben. Die Wahrung der Schriftform ist Wirksamkeitsvoraussetzung für den Sozialplan im Sinne des § 125 BGB. Auch hier ist eine Ersetzung der schriftlichen Form durch die elektronische Form nicht zulässig.

Kommt eine Einigung erst vor der Einigungsstelle zustande, ist der Sozialplan auch vom Vorsitzenden zu unterschreiben (§ 112 Abs. 3 Satz 3 BetrVG). Jedoch ist nur die Unterschrift der Parteien selbst Wirksamkeitsvoraussetzung; denn Arbeitgeber und Betriebsrat können auch, wenn die Einigungsstelle bereits angerufen ist, außerhalb des Verfahrens wirksam eine Vereinbarung über den Sozialplan treffen.

(3) Vorsorglicher Sozialplan

Ist die Betriebsänderung zwar noch nicht konkret geplant, aber bereits in groben Umrissen abschätzbar, sind die Betriebsparteien bereits dann dazu berechtigt einen freiwilligen sog. vorsorglichen Sozialplan zu beschließen. Enthält ein solch vorsorglicher Sozialplan bereits wirksame Regelungen, ist bei einer späteren Betriebsänderung das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 112 BetrVG bereits verbraucht. Sind das Ob und Wie einer zukünftigen Betriebsänderung bei Abschluss des vorsorglichen Sozialplans jedoch noch völlig offen, fehlen dem Betriebsrat in diesem Zeitpunkt noch die tatsächlichen Anhaltspunkte für eine umfassende Interessenabwägung zwischen den Interessen der betroffenen Arbeitnehmer und dem Interesse des Arbeitgebers. In einem solchen Fall bleiben dann auch im Falle einer späteren Betriebsänderung die Beteiligungsrechte nach § 112 BetrVG bestehen. Vorsorgliche Sozialpläne können auch dann abgeschlossen werden, wenn bezüglich der Rechtslage Unsicherheiten bestehen, wenn also noch nicht klar ist, ob ein Betriebsübergang oder eine Betriebsstillegung vorliegt.

3. Zuständigkeit und Verfahren

Den Sozialplan stellen Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam auf. Soweit es um den erzwingbaren Sozialplan geht, muss der Arbeitgeber ihn mit der Betriebsvertretung vereinbaren, die zur Ausübung des Mitbestimmungsrechts zuständig ist. Das Gesetz bezeichnet hier den Unternehmer als Arbeitgeber (Abs. 4 Satz 2), weil der Sozialplan anders als der Interessenausgleich nur die Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung regelt.

(1) Zuständigkeit

Zuständig für die Aufstellung des Sozialplans ist der Betriebsrat des betroffenen Betriebs oder der betroffenen Betriebe (§ 112 Abs. 1 BetrVG). Sind mehrere Betriebe betroffen, können diese auch den Gesamtbetriebsrat mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragen (§ 50 Abs. 2 BetrVG). Beschließt der Gesamtbetriebsrat einen sog. Rahmensozialplan, so sind die einzelnen Betriebe jedoch nicht daran gebunden.
Der Betriebsrat kann die Aufstellung des Sozialplans mit dem Arbeitgeber nicht dem Betriebsausschuss oder einem sonstigen Ausschuss des Betriebsrats zur selbstständigen Erledigung übertragen. Hingegen ist eine Übertragung auf Arbeitsgruppen nach § 28 a BetrVG nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Verfügt ein Betrieb nicht über einen Betriebsrat, besteht auch keine Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans. Wird ein Betriebsrat erst während der Betriebsstillegung erstmals gewählt, so kann dieser auch nicht nachträglich einen Sozialplan vom Arbeitgeber verlangen. Dies gilt auch dann, wenn dem Arbeitgeber bereits im Zeitpunkt seines Entschlusses zur Betriebsänderung bekannt war, dass ein Betriebsrat gewählt werden soll. Umgekehrt behält ein Betriebsrat jedoch ein Restmandat bis zur endgültigen Abwicklung der Betriebsstillegung, auch wenn die Arbeitsverhältnisse seiner Mitglieder bereits beendet sind (§ 21 b BetrVG).

(2) Verfahren

Steht fest, dass sich eine Betriebsänderung nicht umgehen lässt, sind sinnvollerweise spätestens dann die Verhandlungen über den Sozialplan aufzunehmen. Sie werden meist parallel zu den Verhandlungen über den Interessenausgleich geführt. Hat der Arbeitgeber die geplante Betriebsänderung bereits durchgeführt, kann der Betriebsrat auch weiterhin die Aufstellung eines Sozialplans verlangen.

Im Rahmen der Verhandlungen sind der Unternehmer und der Betriebsrat zunächst gehalten, eine Einigung über den Sozialplan eigenständig herbeizuführen (§ 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Ebenso wie beim Interessenausgleich können sie sich auch hier der Vermittlung des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit bedienen (§ 112 Abs. 2 S. 1 BetrVG).

Unabhängig davon können sie auch die Einigungsstelle anrufen, sofern keine Einigung von selbst zustande kommt (§ 112 Abs. 2 S. 2 BetrVG). Verzichtet der Betriebsrat allerdings auf die Hinzuziehung der Einigungsstelle, ist der Unternehmer (anders als beim Verfahren über den Interessenausgleich) nicht dazu gezwungen, diese anzurufen. In diesem Fall kommt einfach kein Sozialplan zustande. Haben der Unternehmer und/oder der Betriebsrat die Einigungsstelle angerufen, so sind beide dazu verpflichtet, gegenüber dieser Vorschläge zu einer Beilegung der Meinungsverschiedenheiten zu machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen (§ 112 Abs. 3 BetrVG). Gelingt dies nicht, entscheidet sie selbst, d.h. letztlich der neutrale Vorsitzende, sobald es ihm gelingt, die eine oder die andere Seite für einen Vorschlag zu gewinnen (§ 112 Abs. 4 BetrVG).

4. Ausnahmen von der Sozialplanpflicht

Von dem Grundsatz, dass bei jeder Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG ein Sozialplan aufzustellen ist, macht § 112 a BetrVG zwei Ausnahmen:

  • Das Unternehmen ist noch nicht vier Jahre alt (§ 112 a Abs. 2 S. 1 BetrVG).
  • Die Betriebsänderung besteht in einem bloßen Personalabbau, der eine gewisse Größenordnung noch nicht erreicht hat.

(1) Unternehmen ist noch nicht vier Jahre alt, § 112 a Abs. 2 BetrVG

Ist das Unternehmen (nicht der betroffene Betrieb) noch nicht vier Jahre alt, besteht keine Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans (§ 112 a Abs. 2 S. 1 BetrVG). Mit dieser Vorschrift sollen Neugründungen erleichtert werden.

Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Neugründung lediglich darin besteht, dass bereits vorhandene Unternehmen oder Konzerne umstrukturiert werden (§ 112 a Abs. 2 S. 2 BetrVG). Sie sind demnach vom Schutzzweck des § 112 a Abs. 2 BetrVG ausgenommen. Eine solche Umstrukturierung liegt vor, wenn unternehmerische Aktivitäten von einer rechtlichen Einheit auf eine andere übertragen werden.

(2) Betriebsänderung ist bloßer Personalabbau, § 112 a Abs. 1 BetrVG

Besteht die Betriebsänderung in einem bloßen Personalabbau, ist ein Sozialplan erst dann aufzustellen, wenn der Personalabbau eine gewisse Größenordnung erreicht hat (§ 112 a Abs. 1 BetrVG):
Betriebe mit in der Regel Personalabbau

  • 21 bis 59 Arbeitnehmern 20 % der Arbeitnehmer, aber mindestens 5
  • 60 bis 249 Arbeitnehmern 20 % der Arbeitnehmer oder mindestens 37
  • 250 bis 499 Arbeitnehmern 15 % der Arbeitnehmer oder mindestens 60
  • Mindestens 500 Arbeitnehmern 10 % der Arbeitnehmer, aber mindestens 60

Dabei ist es gleichgültig, ob der Personalabbau durch Entlassungen oder vom Arbeitgeber veranlasste Aufhebungsverträge oder Eigenkündigungen der Arbeitnehmer geschieht (§ 112 a Abs. 1 S. 2 BetrVG).

Die Prozentzahlen für die Sozialplanpflicht liegen in etwa doppelt so hoch wie beim Interessenausgleich. In den Zwischenbereichen wird somit oftmals ein Interessenausgleich versucht, nicht aber ein Sozialplan abgeschlossen.

Handelt es sich nicht um einen reinen Personalabbau, sondern erweist sich die Maßnahme als Betriebsänderung, etwa weil ein wesentlicher Betriebsteil eingeschränkt oder stillgelegt wird, gelten die obigen Zahlen nicht.

5. Inhalt freiwilliger Sozialpläne

Die Betriebspartner sind bei der Aufstellung eines Sozialplans frei in der Entscheidung, welche Nachteile durch welche Leistungen ausgeglichen oder gemildert werden sollen. Die für die Einigungsstelle in § 112 Abs. 5 BetrVG aufgestellten Grenzen des Ermessens finden auf sie keine Anwendung; denn ihre Einhaltung wird mittelbar dadurch gesichert, dass die Einigungsstelle entscheidet, sofern keine Einigung über den Sozialplan zustande kommt.

Die Grenzen der Regelungsbefugnis der Betriebsparteien im frei vereinbarten Sozialplan ergeben sich zunächst aus den Grundrechten der Beschäftigten und des Arbeitgebers. Außerdem dürfen die Regelungen des Sozialplans nicht gegen gesetzliche Regelungen verstoßen.

(1) Regelungs- und Beurteilungsspielraum

Für den Inhalt von Sozialplänen, die auf freiwilliger Basis zustande kommen, enthält das Gesetz keinerlei Detailregelungen. Es gilt hier lediglich der Grundsatz, dass der Sozialplan dem Ausgleich oder der Milderung wirtschaftlicher Nachteile dienen soll, welche den Arbeitnehmern durch die geplante Betriebsänderung entstehen.

Dies bedeutet, bei Aufstellung eines freiwilligen Sozialplans muss die zukünftige wirtschaftliche Situation der Arbeitnehmer berücksichtigt werden. Hierzu gehört z.B. die Frage, ob für den Arbeitnehmer nach der Betriebsänderung ein Bezug der Altersrente möglich ist oder nicht. Dabei sind die Betriebspartner in den Grenzen von Recht und Billigkeit (§ 75 BetrVG) frei in ihrer Entscheidung, welche Nachteile sie bei Verlust des Arbeitsplatzes gänzlich ausgleichen und welche sie lediglich mildern wollen. Sie sind damit nicht gehalten, jegliche Nachteile zu entschädigen, und zugleich berechtigt, gewisse Arbeitnehmer von den Leistungen des Sozialplans auszunehmen.

Für den Arbeitgeber muss jedoch erkennbar sein, welche finanziellen Belastungen auf ihn zukommen. Deshalb müssen die Voraussetzungen eines Anspruchs auf die Leistung aus einem Sozialplan an die tatsächlichen Umstände anknüpfen, die bei Abschluss des Sozialplans selbst bereits bekannt waren.

(2) Unzulässige Bedingungen für den Abfindungsanspruch

Rechtsmissbräuchlich ist es, wenn die im Sozialplan vorgesehenen Abfindungen davon abhängig gemacht werden, dass der Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet. Da der Sozialplan weder eine Bereinigungsfunktion hat noch die Planungssicherheit des Arbeitgebers fördern soll, verstößt eine solche Regelung gegen § 242 BGB.

Dies gilt auch dann, wenn die Abfindung davon abhängig gemacht wird, dass der Arbeitnehmer zunächst erfolglos versucht hat, seine Weiterbeschäftigung durch einen vermeintlichen Betriebserwerber im Wege der Klage durchzusetzen. Problematisch sind in diesem Zusammenhang sog. Turboprämien, mit denen der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage oder aber der Abschluss eines Auflösungsvertrages besonders „prämiert“ wird. Das BAG hat solche Regelungen für zulässig erachtet, wenn dadurch nicht das Verbot umgangen wird, Sozialplanansprüche von einem Verzicht auf die Kündigungsschutzklage abhängig zu machen. Dies soll insbesondere dann der Fall sein, wenn der Sozialplan selbst keine angemessene Abmilderung der Nachteile vorsieht oder wenn „greifbare Anhaltspunkte“ für die Annahme bestehen, dass für den Sozialplan vorgesehene Mittel funktionswidrig für die Prämie eingesetzt werden.

Diese Voraussetzungen sind allerdings nur schwer feststellbar. Deshalb dürfte es indiziell für einen Umgehungsfall sein, wenn Abfindung und Prämie sich nicht so deutlich unterscheiden, dass der Anreiz, die Kündigungsschutzklage nicht zu erheben und die Prämie in Anspruch zu nehmen, überwiegt. Deshalb muss die Prämie deutlich geringer sein als die Abfindung, was dann anzunehmen ist, wenn die Abfindung mindestens 2,5- bis 3-mal so hoch wie die Prämie ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Prämie im freiwillig vereinbarten Sozialplan selbst oder in einer gesonderten Betriebsvereinbarung zuerkannt wird. Im Spruch der Einigungsstelle sind Turboprämien unzulässig, weil deren Bereinigungsfunktion nicht mit der gesetzlichen Ausgleichsfunktion des Sozialplans in Einklang steht.

(3) Gleichbehandlungsgrundsatz

Der Gleichbehandlungsgrundsatz darf durch den Sozialplan nicht verletzt werden. Dies bedeutet, es ist sowohl eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage untersagt als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die Unterscheidung keine billigenswerten nachvollziehbaren Gründe gibt.

a. Allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz

Die Betriebsparteien sind zunächst an den aus § 75 Abs. 1 BetrVG resultierenden allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden.

Allerdings erlangt der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz nur noch dort Bedeutung, wo nicht eine spezielle Regelung des AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) eingreift. Insoweit sind in der Praxis nur wenige Fälle denkbar, in denen bei der Beurteilung einer Sozialplanregelung § 75 Abs. 1 BetrVG unmittelbar eingreift.

Hierunter würde aber z.B. eine Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten fallen. Ebenso wäre es willkürlich, wenn lediglich eine Einheitsabfindung geleistet wird, ohne dass die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt in irgendeiner Weise berücksichtigt werden.
Nach der Rechtsprechung des BAG ist eine Abfindungsregelung in einem durch Spruch der Einigungsstelle zustande gekommenen Sozialplan, nach der jeder Betroffene generell 75 % eines Monatsgehalts pro Jahr der Betriebszugehörigkeit erhält, unzulässig. In einem frei vereinbarten Sozialplan wird eine solche Regelung für zulässig erachtet.

Ein Verstoß gegen höherrangiges Gesetzesrecht könnte sich z.B. aus § 4 Abs. 1 TzBfG ergeben. So wäre es nicht statthaft, Teilzeitkräfte von Abfindungen gänzlich auszunehmen. Eine anteilige Berücksichtigung ist zulässig. Diese kommt allerdings schon darin zum Ausdruck, dass das Monatsgehalt als Bezugsgröße herangezogen wird, so dass eine weitere Reduzierung der Abfindung – etwa im Verhältnis zur verringerten Arbeitszeit – nicht zulässig ist.

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt auch dann vor, wenn diejenigen Arbeitnehmer von Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen werden, die auf Veranlassung des Arbeitgebers eine Eigenkündigung aussprechen.

Ebenfalls ist der Ausschluss von Arbeitnehmern unzulässig, die einen betriebsbedingten Aufhebungsvertrag abschließen. Von einer arbeitgeberseitigen Veranlassung ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer durch die Eigenkündigung oder den Abschluss des Aufhebungsvertrages der Kündigung durch den Arbeitgeber lediglich zuvorkommt. Dies setzt eine hinreichend konkretisierte und dem Arbeitnehmer bekannte Planung des Arbeitgebers voraus, aus der sich ergibt, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers wegfallen wird. Der Arbeitgeber hat dann gegenüber dem Arbeitnehmer die berechtigte Annahme hervorgerufen, für ihn bestehe nach Durchführung der Betriebsänderung keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr. Ist die Beendigung durch die Betriebsänderung veranlasst, ist eine Herausnahme der betroffenen Arbeitnehmer aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten nicht zulässig.

Nach der Rechtsprechung des BAG ist es mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aber grundsätzlich vereinbar, wenn die Betriebsparteien bei der Zuerkennung von Ansprüchen auf eine Abfindung in einem Sozialplan unterscheiden zwischen Arbeitnehmern, denen infolge der Betriebsänderung gekündigt worden ist, und solchen, die ihr Arbeitsverhältnis durch eine Eigenkündigung oder einen Auflösungsvertrag beendet haben. Möglich ist insbesondere bei einer Eigenkündigung eine Reduktion der Abfindungsleistung, da bei typisierender Betrachtung regelmäßig unterstellt werden kann, dass der Arbeitnehmer einen neuen Arbeitsplatz gefunden hat und daher jedenfalls geringere wirtschaftliche Nachteile drohen als bei anderen Arbeitnehmern.

b. Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)

Sozialpläne unterliegen außerdem den sich aus dem AGG ergebenden Grenzen. Regelungen eines Sozialplans dürfen deshalb nicht gegen die in § 1 AGG enthaltenen Diskriminierungsverbote verstoßen.

Sie dürfen daher keine Benachteiligung eines Beschäftigten wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität enthalten.

Dies gilt sowohl für unmittelbare als auch für mittelbare Diskriminierungen. Außerdem enthält das AGG in § 10 Satz 3 Nr. 6 eine Sonderregelung, die bei der Festlegung der Berechnungsgrundlagen für die Abfindung berücksichtigt werden muss.

Danach dürfen die Betriebsparteien eine „nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung“ vorsehen, „in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind“. Zulässig ist weiter, Beschäftigte von Sozialplanleistungen auszuschließen, die „wirtschaftlich abgesichert“ sind, weil sie direkt nach Bezug von Arbeitslosengeld rentenberechtigt sind.

Schwerbehinderte Arbeitnehmer und ihnen gleichgestellte Beschäftigte haben hingegen geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Durch den Arbeitsplatzverlust sind sie folglich stärker benachteiligt als andere Arbeitnehmer. Dies gilt auch für einfache Behinderte i.S.d. § 2 Abs. 1 SGB IX. Da diese gleichfalls dem Schutz des AGG unterfallen, sind auch für solche Mitarbeiter adäquate zusätzliche Ausgleichsleistungen für den Verlust des Arbeitsplatzes vorzusehen.

(4) Berechnung der Abfindungshöhe

Bezüglich der Berechnung der Zahlungen können Sozialpläne

  • pauschale Zahlungen bestimmen,
  • ein Punkteschema zugrunde legen oder
  • jeweils im konkreten Einzelfall entscheiden.

a. Berücksichtigung bestimmter Kriterien

Sieht der Sozialplan Abfindungen vor, müssen diese auch Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltsverpflichtungen und Schwerbehinderteneigenschaft berücksichtigen. Darüber hinaus muss Raum für eine abschließende Berücksichtigung individueller Besonderheiten des Einzelfalles übrigbleiben (z.B. Krankheit des Arbeitnehmers).

Maßnahmen zur Milderung der Nachteile können insbesondere die Übernahme von Umzugs- und tatsächlichen Fahrtkosten, die Erstattung von Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen sowie weitere Ausgleichszahlungen sein.

Die Abfindungshöhe kann auch mit zunehmender Betriebszugehörigkeit ansteigen. Damit ist zwar eine mittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer verbunden, diese ist jedoch nach § 10 S. 3 Nr. 6 AGG zulässig.

Danach dürfen die Betriebsparteien im Rahmen der Abfindungshöhe auch berücksichtigen, welche wirtschaftlichen Nachteile einzelnen Arbeitnehmern drohen, die durch eine Betriebsänderung ihren Arbeitsplatz verlieren. Die Argumentation lautet hier meistens, dass es jüngeren Arbeitnehmern tendenziell leichter fällt, eine neue Anstellung zu finden, als dies bei Arbeitnehmern in höherem Alter der Fall ist. Deshalb können die wirtschaftlichen Nachteile, die bei Verlust des Arbeitsplatzes entstehen, mit ansteigendem Lebensalter zunehmen. Im Zweifel müssen diese Personen für eine längere Zeit Arbeitslosengeld beziehen. Sind sie jedoch in der Lage, nach dem Bezug des Arbeitslosengelds eine Altersrente in Anspruch zu nehmen, kann auch dies im Rahmen der Abfindungshöhe wiederum berücksichtigt werden.
Ab einem bestimmten Alter bedürfen Abfindungen für ältere Arbeitnehmer einer anderen Formel, als dies bei jüngeren Arbeitnehmern der Fall ist, weil sich bei rentennahen Jahrgängen die zu besorgenden wirtschaftlichen Nachteile typischerweise konkreter einschätzen lassen als bei rentenfernen.

b. Bestimmung der Berechnungsformel

Früher typische Regeln zur Berechnung der Abfindung waren zum Beispiel in Anlehnung an die Vergleichspraxis der Arbeitsgerichte nach §§ 9, 10 KSchG ein halbes bis ein ganzes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr im Unternehmen.

Eine Standardformel war:

Betriebszugehörigkeit × Bruttomonatsgehalt × Faktor

Diese Formel ist nach neuerer Rechtsprechung unter Umständen kritisch zu beurteilen, da sie die Höhe der Abfindung ausschließlich an der Betriebszugehörigkeit und dem Verdienst ausrichtet (BAG, Beschluss vom 14.09.1994, 10 ABR 7/94).

Neben weiteren Berechnungsmethoden, beispielsweise der Punktemethode, ist eine in der Praxis häufige Formel, die Alter, Betriebszugehörigkeit und Monatsvergütung flexibel berücksichtigt, die „Schaub‘sche Formel“:

Alter x Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsgehalt / Teiler (Divisor)

In der Praxis kann der Divisor zwischen 25 (Bankenindustrie/Frankfurt/schwarze Zahlen) und 150 (Metallindustrie/ländlich/Insolvenznähe) schwanken.

Alter und Dienstzeit werden meist in vollen Jahren angegeben. Mit dem Teiler setzt man praktisch ein Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit für ein bestimmtes Alter fest. Bei einem Teiler 50 erhält der 50 Jahre alte Mitarbeiter ein Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, die Jüngeren entsprechend weniger und die Älteren entsprechend mehr. Die unterschiedliche Berücksichtigung des Alters ist nach der neuesten Rechtsprechung des BAG zulässig, sofern die Interessen der benachteiligten Altersgruppe nicht unverhältnismäßig stark vernachlässigt werden (BAG, Urteil vom 23. 3. 2010, 1 AZR 832/08).

c. Art des Ausscheidens

Der Sozialplan darf auch grundsätzlich danach unterscheiden, wie der Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheidet, also durch Aufhebungsvertrag oder Eigenkündigung, oder ob ihm betriebsbedingt gekündigt wird.

Erfahrungsgemäß sind Arbeitnehmer nur dann bereit, freiwillig aus dem Betrieb auszuscheiden, wenn sie bereits einen neuen Arbeitsplatz gefunden oder sicher in Aussicht haben. Umgekehrt haben Arbeitnehmer, die erst nach der offiziellen Bekanntgabe der Betriebsstillegung aus dem Unternehmen ausscheiden, mit einer erheblich verschärften Situation auf dem Arbeitsmarkt zu rechnen.

Hierbei ist es jedoch nicht zulässig, Arbeitnehmer von Leistungen des Sozialplans auszunehmen, deren Eigenkündigungen oder Aufhebungsverträge vom Arbeitgeber veranlasst waren. In diesem Fall wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.

6. Aufstellung eines Sozialplans durch die Einigungsstelle

Kommt der Sozialplan nicht freiwillig zustande, sondern muss die Einigungsstelle über diesen entscheiden, ist sie bei der Aufstellung des Sozialplans zum einen gehalten, die Grenzen von Recht und Billigkeit nach § 75 BetrVG einzuhalten, die auch die Betriebsparteien trifft. Zum anderen ist die Einigungsstelle an die Ermessensleitlinien nach § 112 Abs. 5 BetrVG gebunden. Gemäß S. 1 hat sie dabei sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten.

(1) Zuständigkeit der Einigungsstelle

Kommt auch vor der Einigungsstelle keine Einigung über den Sozialplan zustande, entscheidet sie auf Antrag des Unternehmers oder des Betriebsrats über dessen Aufstellung (Abs. 4 Satz 1), soweit sich aus § 112 a nichts anderes ergibt (s. dort).
Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, soweit der Betriebsrat die Aufstellung eines Sozialplans erzwingen kann (Abs. 4 Satz 2). Daher darf ein von der Einigungsstelle aufgestellter Sozialplan keine Regelung enthalten, die nicht unter Abs. 1 Satz 2 subsumiert werden und daher nur den Gegenstand einer freiwilligen Betriebsvereinbarung bilden kann. Beachtet die Einigungsstelle diese Grenze nicht, überschreitet sie ihre Zuständigkeit.

(2) Inhalt erzwungener Sozialpläne

Die Einigungsstelle kann wegen der Begrenzung ihrer Zuständigkeit auf die Aufstellung eines Sozialplans i. S. der Legaldefinition in Abs. 1 Satz 2 nur wirtschaftliche Nachteile ausgleichen oder mildern, welche den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen.
Der Spruch der Einigungsstelle soll dagegen keine Maßnahmen festlegen können, durch die wirtschaftliche Nachteile für die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer nach Möglichkeit verhindert werden, beispielsweise Kündigungsverbote, Versetzungs- und Umschulungspflichten und ähnliches. Solche Regelungen gehören vielmehr materiell zum Interessenausgleich, welchen der Unternehmer mit dem Betriebsrat versuchen muss, der jedoch nicht gegen den Unternehmer erzwungen werden kann.

Soweit der Sozialplan erzwungen werden kann, entscheidet die Einigungsstelle darüber, ob und welche wirtschaftlichen Nachteile in welcher Form ausgeglichen oder gemildert werden sollen. Dabei gelten die gleichen äußersten Regelungsschranken wie für die Aufstellung eines erzwingbaren Sozialplans durch die Betriebspartner (s.o.).

Neben diesen Grenzen für ihre Zuständigkeit und Regelungsbefugnis zieht Abs. 5 der Einigungsstelle Ermessensgrenzen. Werden sie verletzt, verstößt der Regelungsinhalt des Sozialplans aber nicht gegen das Gesetz, sondern es liegt ein Ermessensverstoß i. S. des § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG vor.

(3) Abwägungsklausel, § 112 Abs. 5 S. 1 BetrVG

Ebenso wie die Betriebspartner kann grundsätzlich auch die Einigungsstelle bei der Aufstellung eines erzwingbaren Sozialplans innerhalb der Grenzen billigen Ermessens (vgl. Abs. 5 Satz 2) frei darüber entscheiden, welche mit dem Verlust eines Arbeitsplatzes verbundenen Nachteile ausgeglichen werden.

Dabei hat sie, wie in Abs. 5 Satz 1 ausdrücklich bestimmt wird, sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Die Begriffe der „sozialen Belange“ und der „wirtschaftlichen Vertretbarkeit“ werden durch die Ermessensrichtlinien in Satz 2 des Abs. 5 konkretisiert.

Mit den sozialen Belangen der Arbeitnehmer einerseits und der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für das Unternehmen andererseits nennt Abs. 5 Satz 1 die Maßstäbe, die bei der Aufstellung eines Sozialplans die Einigungsstelle im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung zu berücksichtigen hat. Es handelt sich um Abwägungskriterien, wobei das Kriterium der wirtschaftlichen Vertretbarkeit eine Korrekturfunktion erfüllt (BAG vom 24.08.2004, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 174), damit das Unternehmen durch die Aufstellung des Sozialplans nicht wirtschaftlich unvertretbar belastet wird.

a. Soziale Belange der betroffenen Arbeitnehmer

Durch die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer wird der Sozialplanbedarf festgelegt, der für die Einigungsstelle nicht nur eine Ermessensgrenze, sondern die Grenze ihrer Zuständigkeit bildet (BAG vom 06.05.2003, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 161).
Wenn kein Nachteil eintritt, kann der Arbeitgeber nicht zu einem Nachteilsausgleich verpflichtet werden. Daraus ergibt sich zugleich, dass die Einigungsstelle mit dem Sozialplan auch nur diejenigen Nachteile ausgleichen darf, die durch die Betriebsänderung tatsächlich entstehen. Dabei muss der Sozialplan aber mindestens so bemessen sein, dass die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer „spürbar“ gemildert werden (BAG vom 24.08.2004, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 174). Wo diese Grenze verläuft, kann nur anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles beantwortet werden. Insbesondere stellt § 1 a KSchG hier keinen tauglichen generellen Maßstab dar (BAG vom 24.08.2004, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 174).

Mit den betroffenen Arbeitnehmern meint das Gesetz die Arbeitnehmer, die infolge der geplanten Betriebsänderung wirtschaftliche Nachteile erleiden, also nicht die Arbeitnehmer, die zwar auch von der Betriebsänderung betroffen werden, durch sie aber keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden. Deren besondere Interessenlage ist, wie sich mittelbar aus der Ermessensrichtlinie in Nr. 3 des Abs. 5 Satz 2 ergibt, bei der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für das Unternehmen in die Beurteilung einzubeziehen.

b. Wirtschaftliche Vertretbarkeit für das Unternehmen

Für den durch Spruch der Einungsstelle zustande gekommenen (nicht den frei vereinbarten) Sozialplan gilt, dass der Sozialplan nach § 112 Abs. 5 BetrVG für das Unternehmen wirtschaftlich vertretbar sein muss. Allerdings ist dort nicht ausdrücklich definiert, unter welchen Voraussetzungen diese Bedingung erfüllt ist.

i. Allgemeine Erwägungen

Das BAG hält die Vertretbarkeit auch einschneidender Belastungen des Unternehmens durch den Sozialplan bis an den Rand der Bestandsgefährdung (aber nicht über diese hinaus) im Grundsatz für möglich.

Auf keinen Fall genügt für den Ausgleich der arbeitnehmerseitigen Nachteile jede Leistung; vielmehr muss die Ausgleichsleistung eine „spürbare“ Entlastung zugunsten der Arbeitnehmer darstellen. Die zumutbare Belastung für das Unternehmen ist umso größer, je härter die Betriebsänderung die Arbeitnehmer trifft. Der Verlust des Arbeitsplatzes ist regelmäßig als der für den Arbeitnehmer am schwersten wiegende Nachteil anzusehen. Eine relative Belastung bis zu der in § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BetrVG benannten Grenze, also bis an die Grenze der Bestandsgefährdung, wird deshalb am ehesten bei einer Betriebsänderung vertretbar sein, die zur Entlassung eines großen Teils der Belegschaft führt, auch wenn es ein wirtschaftlich wenig leistungsfähiges Unternehmen betrifft.

Bei einem Unternehmen, das seinen einzigen Betrieb stilllegt, kann nicht auf dessen Fortbestand bzw. den Erhalt von Arbeitsplätzen abgestellt werden. In diesem Fall stellt die mögliche Insolvenz die Ermessensgrenze für die Einigungsstelle dar. Wenn ein Sozialplan zu einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens führt, ist dieser nicht mehr wirtschaftlich vertretbar, denn die hieraus resultierende Insolvenz ist der extremste Fall der Bestandsgefährdung.

Für die Beurteilung der Vertretbarkeit eines Sozialplans spielt es eine wesentliche Rolle, ob und welche Einsparungen für das Unternehmen mit der Betriebsänderung verbunden sind, deren Nachteile für die Arbeitnehmer der Sozialplan kompensieren soll. So hat das BAG Aufwendungen für einen Sozialplan jedenfalls in Höhe des Einspareffekts eines Jahres für vertretbar gehalten. Eine absolute Höchstgrenze ist damit indessen nicht festgelegt.

Wesentliche Gradmesser für die Belastbarkeit eines Unternehmens und die Bemessung des Sozialplanvolumens sind das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital, das Anlagevermögen wie Sachanlagen, Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich Betriebsbauten sowie die Möglichkeit zur kurzfristigen Liquiditätsbeschaffung, ggf. Teile des in Sachanlagen angelegten Vermögens kurzfristig zu veräußern.

Ein weiteres Indiz für die Höhe des Sozialplanvolumens ist die vom Unternehmer vorgenommene Selbsteinschätzung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit eines Sozialplans. Diese findet ihren Ausdruck in einer etwaigen Rückstellung. Eine solche ist handelsrechtlich bereits dann zu bilden, wenn der Unternehmer ernsthaft mit einer Betriebsänderung rechnet, also dann, wenn entsprechende Beschlüsse seitens der zuständigen Organe des Unternehmens (Geschäftsführung, Vorstand, Aufsichtsrat) getroffen wurden.

ii. Zusammenschluss von Betrieben, Betriebsverlagerungen und -spaltungen

Bei dem Zusammenschluss von Betrieben, Betriebsverlagerungen, Betriebsspaltungen, grundlegenden Änderungen der Betriebsorganisation und der Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren handelt es sich um Betriebsänderungen, die in aller Regel beträchtliche Rationalisierungseffekte erbringen und die sich vor allem als Kosteneinspareffekte erweisen, ohne dass damit notwendigerweise Umsatzrückgänge verbunden sein müssen.

Der Sozialplan in Zusammenhang mit einer solchen Betriebsänderung ist aus der Sicht des Unternehmers wie eine Investition zu beurteilen. Für die wirtschaftliche Vertretbarkeit eines solchen Sozialplans können folglich die gleichen Investitionsrechenverfahren herangezogen werden, welche das Unternehmen zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition verwendet (z. B. Amortisationsrechnung, Interne-Zinsfuß-Methode, Kosten- oder Gewinnvergleichsrechnung). Ein Sozialplanvolumen ist in der Höhe vertretbar, wie eine Investitionsrechnung die Durchführung der Betriebsänderung als günstiger oder zumindest als gleich günstig wie den Verzicht auf sie ausweist.

iii. Betriebsstilllegung

Handelt es sich um eine Betriebsstilllegung eines Einzelbetriebsunternehmens, spielen die gesetzlichen Forderungen, wonach durch den Sozialplan der Fortbestand des Unternehmens oder die verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden dürfen, keine Rolle. Solange die Forderungen des Betriebsrats nicht zur Insolvenz des Unternehmens führen, sind sie wirtschaftlich vertretbar.

iv. Haftungs- und Berechnungsdurchgriff

Ist der Arbeitgeber finanziell nicht in der Lage, die Forderungen aus einem bestehenden Sozialplan zu erfüllen, stellt sich die Frage, ob auf das Vermögen einer ggf. vorhandenen beherrschenden Gesellschaft durchgegriffen werden kann. Ein solcher sog. Haftungsdurchgriff ist zulässig, wenn die beherrschende Gesellschaft das Vermögen des Arbeitgebers und ihr eigenes nicht auseinanderhalten (sog. Sphärenvermischung) oder wenn sie der Gesellschaft nur ein so geringes Kapital zugeführt hat, dass diese offensichtlich die ihr zugedachten Aufgaben nicht erfüllen kann (sog. Unterkapitalisierung). Die Beweislast hierfür trägt der Arbeitnehmer.

Vom Haftungsdurchgriff ist der Berechnungsdurchgriff zu unterscheiden. Dieser betrifft die Frage, ob für die Feststellung des Sozialplanvolumens auch auf das Vermögen der beherrschenden Gesellschaft abgestellt werden kann. Allgemein wird angenommen, dass dann, wenn die Voraussetzungen eines Haftungsdurchgriffes vorliegen, auch von einem Berechnungsdurchgriff ausgegangen werden muss.

Ob die von der Einigungsstelle in einem Sozialplan getroffenen Regelungen für das Unternehmen wirtschaftlich vertretbar sind, richtet sich nach den objektiven Verhältnissen bei der Aufstellung des Sozialplans. Dabei ist die Einigungsstelle im Rahmen des § 112 Abs. 5 BetrVG an keinerlei abstrakte Höchstgrenzen für einzelne Abfindungen gebunden. Allein wenn im Rahmen der Insolvenz eines Unternehmens ein Sozialplan erstellt wird, sind die Höchstgrenzen des § 123 InsO zu beachten. Dies gilt jedoch nicht für § 112 Abs. 5 BetrVG. Wo die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit eines Sozialplans verläuft, ist eine Frage des Einzelfalls.

(4) Ermessensrichtlinien, § 112 Abs. 5 S. 2 BetrVG

Gem. § 112 Abs. 5 BetrVG hat die Einigungsstelle bei ihrer Entscheidung sowohl die sozialen Belange der Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat sich die Einigungsstelle ausweislich des ausdrücklichen Gesetzeswortlauts im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

a. Einzelfallentscheidung

Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen (§ 112 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 BetrVG).

b. Berücksichtigung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten

Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen (§ 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 BetrVG).

Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.

c. Sonstige Erwägungsgründe

Die Einigungsstelle soll zudem die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen und hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Im Sozialplan muss nach verschiedenen möglichen Nachteilen – Versetzung oder Entlassung – und nach der Vermeidbarkeit dieser Nachteile differenziert werden. Die Einigungsstelle kann Nachteile pauschaliert und mit einem Einheitsbetrag abgelten.
Die Einigungsstelle kann Regelungen darüber treffen, unter welchen Voraussetzungen das Angebot eines anderen Arbeitsplatzes für den von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer zumutbar ist. Bei Regelungen über die Zumutbarkeit eines angebotenen Arbeitsplatzes dürfen auch wirtschaftliche Kriterien (gleiche Tarifgruppe) berücksichtigt werden.

§ 112 Abs. 5 Satz 2 BetrVG verbietet nach der Rechtsprechung des BAG in der Regel die Zuerkennung von Abfindungsansprüchen an Arbeitnehmer, die einen angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz ablehnen, bestimmt aber nicht, dass Arbeitnehmern eine Abfindung zuerkannt werden muss, wenn sie einen angebotenen anderen, ihnen unzumutbaren Arbeitsplatz ablehnen. Allerdings muss der Sozialplan dann Ausgleichsleistungen für den Fall der Annahme des unzumutbaren Arbeitsplatzes vorsehen.

Die Einigungsstelle darf bei der Bemessung von Abfindungen wegen Verlustes des Arbeitsplatzes deshalb auch danach unterscheiden, ob dem Arbeitnehmer ein zumutbarer oder nur ein unzumutbarer Arbeitsplatz im Betrieb oder in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens angeboten wird. Eine Regelung, wonach dem Arbeitnehmer bei Ausschlagung eines zumutbaren, insbesondere gleichwertigen und gleichbezahlten Arbeitsplatzes nur die Hälfte der Abfindung zusteht, die er bei Ablehnung eines unzumutbaren Arbeitsplatzes erhalten würde, ist rechtlich unbedenklich.

Ebenso wenig bestehen Bedenken gegen die Regelung eines Sozialplans, die einem von der Betriebsstilllegung betroffenen Arbeitnehmer eine Abfindung nur dann gewährt, wenn ihm weder im eigenen noch in einem zum Konzern gehörenden Unternehmen ein zumutbarer Arbeitsplatz angeboten werden kann, der aber Abfindungen ausschließt, wenn der Arbeitnehmer ein zumutbares Umsetzungs- oder Versetzungsangebot ausschlägt und deshalb entlassen werden muss.

Es ist vom Regelungsermessen der Einigungsstelle auch gedeckt, wenn sie abschließend festlegt, unter welchen persönlichen Voraussetzungen Arbeitnehmer einen nach Art der Tätigkeit entsprechenden und in der Vergütung möglichst gleichwertigen Arbeitsplatz ablehnen können, ohne den Anspruch auf eine Abfindung zu verlieren. Die Einigungsstelle ist nicht gehalten, die Voraussetzungen für die Ablehnung eines Arbeitsplatzangebots als unzumutbar generalklauselartig zu umschreiben.

7. Ablösung, Kündigung und Anpassung von Sozialplänen

Ein für eine bestimmte Betriebsänderung vereinbarter Sozialplan kann, soweit nichts Gegenteiliges vereinbart ist, nicht ordentlich gekündigt werden. Anderes kann nach der Rechtsprechung des BAG für Dauerregelungen in einem Sozialplan gelten, wobei Dauerregelungen nur solche Bestimmungen sind, nach denen ein bestimmter wirtschaftlicher Nachteil für unbestimmte Zeit ausgeglichen oder gemildert werden soll.

Im Falle der zulässigen Kündigung eines Sozialplans wirken seine Regelungen nach, bis sie durch eine neue Regelung ersetzt werden. Die ersetzende Regelung kann Ansprüche der Arbeitnehmer, die vor dem Wirksamwerden der Kündigung entstanden sind, nicht zu Ungunsten der Arbeitnehmer abändern. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitnehmer aufgrund bestimmter Umstände nicht mehr auf den unveränderten Fortbestand des Sozialplanes vertrauen konnten.

Ist die Geschäftsgrundlage eines Sozialplans weggefallen, und ist einem Betriebspartner das Festhalten am Sozialplan mit dem bisherigen Inhalt nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten, können die Betriebspartner die Regelungen des Sozialplans den veränderten tatsächlichen Umständen anpassen. Verweigert der andere Betriebspartner die Anpassung, entscheidet die Einigungsstelle verbindlich. Nach der Rechtsprechung des BAG kann in diesem Fall die anpassende Regelung bereits entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer auch zu deren Ungunsten abändern. Insoweit genießen die Arbeitnehmer keinen Vertrauensschutz.

Die Betriebspartner können einen Sozialplan jederzeit einvernehmlich für die Zukunft abändern. Jedenfalls soweit der Sozialplan Dauerregelungen enthält und fortlaufende, zeitlich unbegrenzte Leistungsansprüche begründet, kann er nach der Rechtsprechung des BAG durch eine spätere Betriebsvereinbarung in den Grenzen von Recht und Billigkeit auch zu Ungunsten der Arbeitnehmer abgeändert werden. Ein Eingriff in bereits entstandene Sozialplanforderungen ist jedoch unzulässig.

V. Nachteilsausgleich gem. § 113 BetrVG

Weicht der Unternehmer grundlos vom Interessenausgleich ab, ergeben sich die Sanktionen aus § 113 Abs. 1 und 2 BetrVG. Nach § 113 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG kann er zum Nachteilsausgleich für die betroffenen Arbeitnehmer verpflichtet werden. Die betroffenen Arbeitnehmer erhalten damit einen Abfindungsanspruch.

Die Höhe des Abfindungsanspruchs wird in Anlehnung an § 10 KSchG ermittelt. Sie steht jedoch im Ermessen des Arbeitsgerichts. Die Festsetzung der Höhe geschieht unter Berücksichtigung von Lebensalter und Dauer der Betriebszugehörigkeit; daneben können weitere Gesichtspunkte in die Abfindungsbemessung einbezogen werden (aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt und das Maß des betriebsverfassungswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers, BAG vom 24.08.2006, 8 AZR 317/05).

Die Grundsätze des Nachteilsausgleichs gelten auch dann, wenn der Unternehmer gar nicht erst versucht, einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat herbeizuführen (§ 113 Abs. 3 BetrVG).

1. Allgemeines

§ 113 BetrVG räumt den Arbeitnehmern Nachteilsausgleichsansprüche ein. Die Bestimmung verfolgt den Zweck, den Unternehmer, der ohne zwingenden Grund von einem Interessenausgleich abweicht oder einen solchen erst gar nicht versucht, zu sanktionieren und dem von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer einen finanziellen Ausgleich zu verschaffen. Sanktion und Ausgleich sind Kehrseiten ein und derselben Medaille. Die Bestimmung setzt ein wie auch immer geartetes Verschulden des Unternehmers nicht voraus.

§ 113 BetrVG unterscheidet zwei Alternativen für die Entstehung des Nachteilsausgleichsanspruchs:

In beiden Alternativen haben nur diejenigen Arbeitnehmer Anspruch auf Nachteilsausgleich, die infolge der Abweichung vom Interessenausgleich oder infolge der unter Missachtung der Beteiligungsrechte durchgeführten Maßnahme entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

Die nachträgliche – also nach der Einleitung der Betriebsänderung erfolgende – Vereinbarung eines Sozialplans beseitigt den Anspruch auf Nachteilsausgleich nicht. Dies gilt auch für die nachträgliche Erklärung des Betriebsrats, er wolle keine rechtlichen Schritte wegen des unterbliebenen Versuchs eines Interessenausgleichs unternehmen. § 113 BetrVG begründet Individualansprüche der Arbeitnehmer, über welche der Betriebsrat nicht verfügen kann.

Der von einem entlassenen Arbeitnehmer erhobene Abfindungsanspruch nach § 113 Abs. 3 BetrVG besteht auch, wenn der Insolvenzverwalter die Betriebsänderung durchgeführt hat, ohne mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich auch nur versucht zu haben.

2. Voraussetzungen des Nachteilsausgleichsanspruchs

Dem Arbeitnehmer steht ein Nachteilausgleichsanspruch zu, wenn

(1) Vorliegen einer Betriebsänderung

Voraussetzung für die Entstehung des Nachteilsausgleichsanspruchs ist zunächst das Vorliegen einer Betriebsänderung (s.o.). Unzweifelhaft handelt es sich z.B. bei einem Zusammenschluss mit anderen Betrieben und der Spaltung von Betrieben um eine Betriebsänderung.

(2) Abweichung vom Interessenausgleich ohne zwingenden Grund

Der Unternehmer wird den Arbeitnehmern gegenüber nur dann nicht ausgleichspflichtig, wenn er für die Abweichung vom Interessenausgleich einen zwingenden Grund hat. Zwingende Gründe sind nur solche, die nachträglich – also nach Unterzeichnung des Interessenausgleichs – entstanden und erkennbar geworden sind. Hinzukommen muss, dass der Unternehmer im Interesse des Unternehmens und der Arbeitnehmer zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr oder zur Anpassung an eine unvorhersehbare Sachlage vom Interessenausgleich abweicht. An die Notwendigkeit der Abweichung ist ein strenger Maßstab anzulegen.

(3) Unterlassen eines Interessenausgleichsversuchs

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 111 BetrVG zwingt den Unternehmer dazu, einen Interessenausgleich nötigenfalls bis zur Einigungsstelle zu versuchen. Erst dann hat der Unternehmer einen ausreichenden, die Ausgleichspflicht aus § 113 Abs. 3 BetrVG ausschließenden Versuch zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs unternommen. Die Anrufung der Einigungsstelle fällt in den Pflichtenkreis des Unternehmers. Ruft er die Einigungsstelle nach gescheiterten internen Verhandlungen mit dem Betriebsrat nicht an, liegt ein pflichtwidriges Unterlassen i.S.v. § 113 Abs. 3 BetrVG vor. Die Sanktion des § 113 Abs. 3 BetrVG greift also dann ein, wenn an sich zwingende Gründe für die Durchführung der Betriebsänderung gegeben sind, der Unternehmer die Maßnahme aber ohne rechtsförmige Beteiligung des Betriebsrats vollzieht.

(4) Kausalität

Die Abweichung vom Interessenausgleich bzw. die Durchführung der Maßnahme ohne rechtsförmige Beteiligung des Betriebsrats muss kausal für Entlassungen oder andere wirtschaftliche Nachteile der Arbeitnehmer sein. Es muss ein Ursachenzusammenhang bestehen.

Das BAG geht zu Recht davon aus, dass im Falle einer Abspaltung und Übertragung von Betriebsteilen grundsätzlich alle Arbeitnehmer des früher einheitlichen Betriebs betroffen sind. Nichts anderes kann auch für die Zusammenlegung von Betrieben gelten. Dies bedeutet, dass sich die Regelungen in Interessenausgleich und Sozialplan auf alle Arbeitnehmer der bisherigen Belegschaft beziehen müssen. Für den Kreis der Anspruchsberechtigten ist deshalb zu berücksichtigen, ob sämtliche Arbeitnehmer in die Bewertung mit einbezogen wurden.

Zu den Entlassungen i.S.d. Gesetzes zählen nicht nur betriebsbedingte Kündigungen. Gemeint ist vielmehr das tatsächliche Ausscheiden aus dem Betrieb. Deshalb gelten auch betrieblich veranlasste Aufhebungsverträge und Eigenkündigungen als Entlassungen i.S.d. Vorschrift. Anspruch auf Nachteilsausgleich haben auch solche Arbeitnehmer, die nur deshalb gekündigt werden müssen, weil sie dem Übergang auf einen Teilbetriebserwerber widersprochen haben und eine Beschäftigungsmöglichkeit im Restbetrieb nicht mehr besteht. Zu den anderen wirtschaftlichen Nachteilen neben Entlassungen zählen z.B. Versetzungen sowie der Wegfall von Ausbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen.

3. Höhe des Nachteilsausgleichsanspruchs

Weicht der Unternehmer ohne zwingenden Grund von einem Interessenausgleich ab, ist die Höhe des Nachteilsausgleichsanspruchs in das Ermessen des Arbeitsgerichts gestellt, wobei das Gericht an die Höchstgrenzen des § 10 KSchG gebunden ist, wie sich aus § 113 Abs. 1 BetrVG ergibt. Häufig orientieren sich die Arbeitsgerichte im Falle eines Arbeitsplatzverlustes an der „Faustformel“: Ein halbes Gehalt für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit. Treten arbeitnehmerseitig andere wirtschaftliche Nachteile ein, ist ein echter Schadensersatz i.S. eines vollen finanziellen Ausgleichs für die Dauer von zwölf Monaten zu gewähren, § 113 Abs. 2 BetrVG. Bei der Festsetzung des Nachteilsausgleichs ist das Gericht nicht an § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG gebunden. Nach der Rechtsprechung des BAG sind die Abfindungsleistungen, welche der Arbeitnehmer aufgrund des Sozialplans erhalten hat, auf die Nachteilsausgleichsforderung vollständig anzurechnen.