Anspruch auf überdurchschnittliche Bewertung im Arbeitszeugnis

Arbeitnehmer, die im Arbeitszeugnis eine überdurchschnittliche Benotung begehren, müssen darlegen, dass sie die Anforderungen gut oder sehr gut erfüllt haben. Dies gilt auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute oder sehr gute Endnoten vergeben werden.

Mit Urteil vom 18.11.2014 (Az. 9 AZR 584/13) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 21.03.2013 (Az. 18 Sa 2133/12) aufgehoben und an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das BAG bestätigt damit seine bisherige Rechtsprechung zum Zeugnisrecht.

Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die in einer Zahnarztpraxis hauptsächlich im Empfangsbereich und als Bürofachkraft beschäftigt war. Die beklagte Arbeitgeberin hatte ihr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis mit der Bewertung “zu unserer vollen Zufriedenheit” (Note 3) erteilt. Damit wollte sich die Klägerin nicht abfinden und forderte die Bewertung “stets zu unserer vollen Zufriedenheit” (Note 2). Zur Begründung führte sie an, es handele sich bei einer Leistungsbewertung mit befriedigend nach dem heutigen Verständnis des Wirtschaftslebens nicht mehr um eine durchschnittliche Beurteilung, wie auch eine Studie der Universität Nürnberg-Erlangen aus dem Jahre 2011 festgestellt habe. Danach sei die Mehrzahl der Zeugnisse in Deutschland mit gut oder sehr gut bewertet worden (Jahr 2011: 87,3 % der Zeugnisse).

Die Vorinstanzen hatten der Klage stattgegeben, da die Beklagte nicht dargelegt habe, dass die von der Klägerin beanspruchte Beurteilung nicht zutreffend sei.

Das BAG ließ sich von dieser Studie jedoch offenbar nicht beeindrucken. Es hat der Beklagten auf ihre Revision hin Recht gegeben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückver-wiesen. Insbesondere führe – so das BAG – die Studie nicht dazu, dass bei der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten abzustellen sei. Entscheidend sei vielmehr die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Das BAG sah es auch nicht als nachgewiesen an, dass tatsächlich neun von zehn Arbeitnehmern gute oder sehr gute Leistungen erbringen würden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Studie eingegangen seien, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprächen. Der Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 S. 3 GewO richte sich auf ein inhaltlich „wahres“ Zeugnis. Wer eine gute Leistung begehrt, muss dies also auch weiterhin darlegen und beweisen.

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