Auswertung von Browserverlaufsdaten durch den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber darf auch ohne die Zustimmung des Arbeitnehmers dessen Browserverlauf auswerten und aus den dadurch gewonnenen Erkenntnissen eine außerordentliche Kündigung wegen der privaten Nutzung des Internets am Arbeitsplatz und der darin liegenden Verletzung der Arbeitspflicht aussprechen. Eine neuere Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil vom 14.01.2016, 5 Sa 657/15) zeigt nun, dass es bei grundsätzlich möglicher privater Internetnutzung Grenzen gibt, die Anlass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geben kann.
Der Kläger hatte einen Dienstrechner erhalten, auf dem die private Nutzung des Internets in Ausnahmefällen und während der Arbeitspausen erlaubt war. Nachdem die Beklagte ohne Zustimmung und Hinzuziehung des Klägers dessen PC ausgewertet und festgestellt hatte, dass eine erhebliche Privatnutzung durch den Kläger vorlag, kündigte diese das Arbeitsverhältnis fristlos. Bei der Verwertung stellte sich heraus, dass in einem Zeitraum von 30 Arbeitstagen fünf Tage lang (insgesamt 39,86 Arbeitsstunden) das Internet privat genutzt worden war. Der Kläger machte die Unwirksamkeit der Kündigung gerichtlich geltend.
Das Landesarbeitsgericht wertete die unerlaubte Nutzung des Dienstcomputers als wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung. Im Kündigungsschutzprozess könnten zu Lasten des Arbeitnehmers die vom Arbeitgeber ohne Hinzuziehung des Arbeitnehmers ausgewerteten Einträge der aufgerufenen Internetseiten in der Chronik des auf dem Dienstrechner des Arbeitnehmers installierten Internet-Browsers zum Beweis einer exzessiven Internetnutzung verwertet werden. Die unerlaubte Nutzung des Internet rechtfertige nach Abwägung der beiderseitigen Interessen eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Die private Nutzung des Internets dürfe die Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleitung nicht erheblich beeinträchtigen. Die Pflichtverletzung wiege dabei umso schwerer, je mehr der Arbeitnehmer bei der privaten Nutzung des Internets seine Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässige (BAG, Urteil vom 31.05.2007, 2 AZR 200/06).
Hinsichtlich des Browserverlaufs liege kein Beweisverwertungsverbot zu Lasten des Arbeitgebers vor.
Zwar handele es sich um personenbezogene Daten, in deren Kontrolle der Arbeitnehmer nicht eingewilligt habe. Eine Verwertung der Daten sei jedoch statthaft, weil das Bundesdatenschutzgesetz eine Speicherung und Auswertung des Browserverlaufs zur Missbrauchskontrolle auch ohne eine derartige Einwilligung erlaube. Ein Beweisverwertungsverbot sei jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn dem Arbeitgeber kein milderes Mittel zur Verfügung stehe, um einem Verdacht nachzugehen, und wenn zusätzlich konkrete Hinweise auf eine erhebliche private Missbrauchsnutzung bestünden. Unerheblich sei, dass die Beklagte den Kläger zur Auswertung nicht hinzugezogen habe. Zudem sei eine Abmahnung in einem solchen Fall auch entbehrlich, da der Kläger seine Arbeitspflicht in einem derartigen Maß verletzt hatte, dass eine Warnung in Form einer Abmahnung überflüssig gewesen wäre. Das Landesarbeitsgericht war der Ansicht, dass jeder Arbeitnehmer wissen müsse, dass bei einer exzessiven privaten Nutzung des Internets während der Arbeitszeit der Arbeitgeber dies nicht hinzunehmen bräuchte.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.