Eine salvatorische Klausel in einem Arbeitsvertrag heilt ein unvollständiges Wettbewerbsverbot nicht
Das Bundesarbeitsgericht hat einer kuriosen Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts Hamm (Urteil vom 05.06.2015) eine klare Absage erteilt. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sei nämlich unrettbar nichtig, sofern die Vereinbarung entgegen § 110 GewO i.V.m. § 74 Absatz 2 HGB keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung einer sogenannten „Karenzentschädigung“ beinhalte. Beide Seiten, also weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer, könnten aus einer solchen unvollständigen Vereinbarung irgendwelche Rechte herleiten. Selbst eine im Arbeitsvertrag enthaltene salvatorische Klausel bewirkt nicht, dass das Wettbewerbsverbot als wirksam gelten muss.
Die Klägerin war im Mai 2008 als Industriekauffrau bei der Beklagten eingetreten und dort bis zum Dezember 2013 tätig. Sie schied durch Eigenkündigung aus. Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthielt ein Wettbewerbsverbot, das der Klägerin untersagte, für die Dauer von zwei Jahren nach der Beendigung des Vertrags in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Wettbewerbsunternehmen tätig zu sein. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung enthielt der Arbeitsvertrag nicht, dafür aber am Ende eine sogenannte „salvatorische Klausel“, die regelte, dass der Vertrag im Übrigen unberührt bleiben solle, falls eine seiner Bestimmungen nichtig oder unwirksam sei. Anstelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung solle eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrags gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss des Vertrags die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.
Die Klägerin hatte sich an das Wettbewerbsverbot gehalten, aber keine Karenzentschädigung von ihrem Arbeitgeber erhalten. Daher hatte sie Klage auf Zahlung einer Karenzentschädigung für den Zeitraum Januar 2014 bis Dezember 2015 erhoben. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht hatten der Klägerin die Forderung zugesprochen.
Hiergegen hatte sich der beklagte Arbeitgeber vor dem Bundesarbeitsgericht gewandt. Das Bundesarbeitsgericht schloss sich der Auffassung des Arbeitgebers an und wies die Klage ab. Begründet wurde dies wie folgt: Ein Wettbewerbsverbot, das keine Karenzentschädigung enthalte, sei nichtig. Weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer seien berechtigt, auf Grundlage einer solchen nichtigen Vereinbarung gegenüber der jeweils anderen Seite Ansprüche zu erheben. Eine in sogenannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene salvatorische Klausel könne einen solchen Rechtsverstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB nicht heilen mit dem Effekt, dass das Wettbewerbsverbot dadurch wirksam werde. Die (Un-)Wirksamkeit müsse sich aus der Vereinbarung selbst ergeben, woran es hier aber fehle. Denn bei einer salvatorischen Klausel sei vielmehr wertend zu entscheiden, ob Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Falle der positiven Kenntnis von der Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots tatsächlich eine wirksame Vereinbarung mit anderem Inhalt abgeschlossen hätten und welchen konkreten Inhalt die darin enthaltene Zusage auf Zahlung einer Karenzentschädigung wohl gehabt hätte.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. März 2017, 10 AZR 448/15