Durchsetzung der Weiterbeschäftigung im Wege der einstweiligen Verfügung
LAG Niedersachen, Beschluss vom 18.10.2018, 12 Ta 279/18
Der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch ist eine sich aus Treu und Glauben ergebende Pflicht des Arbeitgebers. Er muss jedoch dort zurücktreten, wo überwiegend schützenswerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Der Arbeitgeber ist nämlich nicht verpflichtet, die Interessen des Arbeitnehmers ohne Rücksicht auf eigene überwiegende und schützenswerte Interessen zu fördern.
Der Fall:
Der Antragsteller war Schulleiter. Auf der Sitzung des Gesamtvorstandes des Antragsgegners am 22.04.2018 wurden mögliche personelle Anpassungen bezüglich der Schule erörtert. Mit Schreiben vom 22.05.2018 sprach der Antragsgegner dem Antragssteller eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 31.12.2018 aus. Der Antragsteller übte seine Tätigkeit in den Monaten von Mai bis einschließlich Ende August 2018 zunächst weiter aus. Mit Schreiben vom 31.08.2018 stellte der Antragsgegner den Antragsteller unter Fortzahlung der Vergütung bis zum Ende der Kündigungsfrist am 31.12.2018 von der Arbeitsleistung frei. Am 07.09.2018 ging beim Arbeitsgericht Hannover ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs bis zum Ende der Kündigungsfrist ein. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen.
Die Entscheidung:
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, einen Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen, wenn dieser es verlangt. Rechtsgrundlage hierfür ist §§ 611, 613 i.V.m 242 BGB. Es ist nicht erforderlich, dass die Verfügungsklägerin ihr allgemeines ideelles Beschäftigungsinteresse im Einzelfalle besonders begründet. Vielmehr besteht dieses aufgrund der grundrechtlichen Herleitung des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs zunächst ohne weiteres. Im Rahmen der sodann durchzuführenden Interessenabwägung sind im Einzelfall entgegenstehende schutzwerte Interessen des Antragsgegners dem vom Antragsteller hier nur allgemein begründeten Beschäftigungsinteresse gegenüberzustellen. Dabei muss der Arbeitgeber den Ausnahmetatbestand, dass sein Interesse an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers schutzwürdig ist und das allgemeine Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt, darlegen und ggf. beweisen bzw. glaubhaft machen. Die Darlegung dieses Ausnahmetatbestands muss insbesondere mit Rücksicht auf den Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers durch Art. 1 und 2 GG hinreichend konkret sein.