Konsequenzen eines nur vermeintlichen Betriebsübergangs

BAG, Urteil vom 25.01.2018, 8 AZR 338/16

Behauptet der Arbeitgeber lediglich einen Betriebsübergang, liegen dessen Voraussetzungen aber nicht vor, kann sich der Arbeitnehmer auch später noch auf ein Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber berufen.

Der Fall:

Im Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der seit 1976 als Schlosser im Betrieb der Arbeitgeberin in Berlin beschäftigt war. Die Arbeitgeberin unterhielt weitere Betriebe in Oberstenfeld und Niederorschel. Seitens der Arbeitgeberin wurde im Lauf des Arbeitsverhältnisses eine neue Gesellschaft gegründet. Mit dieser Gesellschaft schloss die Arbeitgeberin im März 2011 eine Vereinbarung über die Lohnfertigung und einen Geschäftsbesorgungsvertrag über die Betriebsführung ab.

Ab dem 01.04.2011 sollte demnach die Gesellschaft für die komplette Produktion der Arbeitgeberin an allen drei Standorten mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern die Lohnfertigung weiterführen und zudem die Betriebsführung des gesamten Geschäftsbetriebs übernehmen. Soweit die Betriebsführung im Zusammenhang mit der Lohnfertigung und der Produktion ausgeführt würde, sollte die Gesellschaft zudem ausschließlich für Rechnung und im Namen der Arbeitnehmerin tätig werden.

Der Arbeitnehmer wurden in diesem Zusammenhang darüber unterrichtet, dass sein Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. März 2011 in Folge eines Betriebsübergangs auf die neue Gesellschaft übergehen würden. Ende März 2014 erhielt der Arbeitnehmer schließlich eine Kündigung der Gesellschaft wegen Stilllegung des Berliner Betriebs. Der Arbeitnehmer erhob hiergegen Kündigungsschutzklage, verlor jedoch rechtskräftig. Mit Schreiben vom 08.06.2015 forderte er deshalb seine frühere Arbeitgeberin auf, anzuerkennen, dass zwischen ihnen über den 31. März 2011 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Arbeitgeberin erhob daraufhin jedoch eine Klage gegen den Arbeitnehmer mit dem Antrag festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 31. März 2011 hinaus ein Arbeitsverhältnis nicht bestanden hat und nicht besteht.

Die Entscheidung:

Vor dem Arbeitsgericht hatte die Arbeitgeberin zunächst Erfolg. In der zweiten Instanz wurde die Klage jedoch abgewiesen. Auch vor dem BAG hatte die Arbeitgeberin keinen Erfolg.

Das BAG entschied, dass das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers nicht im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Arbeitnehmerin auf die Gesellschaft übergegangen war. Zur Begründung führte das BAG im Wesentlichen aus, ein Betriebsübergang setze voraus, dass die für den Betrieb des Unternehmens verantwortliche natürliche oder juristische Person, die insoweit die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern eingehe, im Rahmen vertraglicher Beziehungen tatsächlich wechsele.

In dem hiesigen Fall habe die Arbeitgeberin ihre Verantwortung für den Betrieb des Unternehmens aber gerade nicht an die Gesellschaft abgegeben, da diese lediglich auf Rechnung und im Namen der Arbeitgeberin gehandelt habe. Die Arbeitgeberin könne sich daher nicht auf einen Betriebsübergang berufen. Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers zu ihr bestehe weiterhin. Dem Arbeitnehmer sei es auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) versagt, sich auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Arbeitgeberin zu berufen. Der Umstand, dass die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers gegen die Gesellschaft rechtskräftig abgewiesen worden war, sei ohne Belang.