Leiharbeit
Zeitarbeit (oder Leiharbeit) liegt vor, wenn ein selbstständiger Unternehmer (Verleiher) einen Arbeitnehmer einstellt und diesen zur Arbeitsleistung einem Dritten (Entleiher) überlässt (auch Arbeitnehmerüberlassung.
(1) Allgemeines zum Leiharbeitsverhältnis
Grundsätzlich ist das Zeitarbeitsverhältnis wie ein normales Arbeitsverhältnis zu behandeln. Die Besonderheit ist jedoch, dass in diesen Fällen der Arbeitnehmer nach den Weisungen des Entleihers arbeitet und auch dessen Fürsorgepflicht unterfällt. Der Verleiher ist jedoch dazu verpflichtet, das Arbeitsentgelt zu zahlen. Kündigungen können nur von und gegenüber dem Verleiher ausgesprochen werden.
(2) Vorgaben nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
Rechtliche Regelungsgrundlage der Leiharbeit ist das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Dieses wurde im April 2017 reformiert, wodurch zahlreiche Neuerungen und strengere Regelungen für die Leiharbeit eingeführt wurden. Die wesentlichen Neuerungen gestalten sich wie folgt:
c. Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis
Nicht neu ist, dass ein Arbeitgeber, der Leiharbeit betreibt, einer sog. Überlassungserlaubnis bedarf. Die Erlaubnis wird von der Bundesagentur für Arbeit zunächst regelmäßig nur befristet ausgestellt.
Im Rahmen einer Verlängerung werden Arbeitsverträge, Abrechnungsmethoden und die gesamten Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer sowie die Verträge, die der Arbeitgeber mit den Entleihern schließt, regelmäßig detailliert überprüft. Bei Verstößen gegen das AÜG kann die Erlaubnis jederzeit widerrufen werden.
Arbeitnehmerüberlassung ohne eine entsprechende Erlaubnis ist unzulässig und kann u.a. mit hohen Geldbußen bestraft werden.
d. Maximale Überlassungsdauer
Neu seit der Reform 2017 ist jedoch insbesondere, dass gerechnet ab April 2017 eine maximale Überlassungsdauer von 18 Monaten gilt. Länger dürfen Leiharbeitnehmer grundsätzlich nicht als solche eingesetzt werden.
Dies gilt bezogen auf den Leiharbeitnehmer in Person. Nicht hingegen bezogen auf den Arbeitsplatz. Vorherige Überlassungszeiten eines Leiharbeitnehmers durch denselben oder einen anderen Verleiher werden vollständig angerechnet, wenn zwischen den Einsätzen nicht mehr als 3 Monate liegen (Unterbrechungszeit). In einem Tarifvertrag kann eine abweichende Höchstdauer geregelt werden. Diese darf jedoch maximal 24 Monate betragen. Als Stichtag gilt der 01.04.2017, d.h. Überlassungszeiten davon werden nicht berücksichtigt.
Verstöße gegen die maximale Überlassungsdauer haben harte Konsequenzen. Zum einen handelt es sich dann um eine unwirksame Arbeitnehmerüberlassung, die ein Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers zum Entleiher begründen kann. Zum anderen handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu € 30.000,00 Geldbuße für den Verleiher belegt werden kann und zudem den Entzug der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis zur Folge haben kann.
e. Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflichten
Mit der Reform im Jahr 2017 wurden bezüglich der Leiharbeit auch diverse Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflichten eingeführt. Im Einzelnen wurde Folgendes eingeführt:
- Kennzeichnungspflicht: Verleiher und Entleiher müssen vor der Überlassung Arbeitnehmerüberlassung konkret als solche in ihrem Vertrag bezeichnen (§ 1 Abs. 5 AÜG)
- Konkretisierungspflicht: Verleiher und Entleiher müssen vor der Überlassung die Person des Leiharbeitnehmers konkret benennen (§ 1 Abs. 6 AÜG)
- Informationspflicht: Der Verleiher hat den Leiharbeitnehmer vor jeder Überlassung darüber zu informieren, dass er Leiharbeitnehmer ist (§ 11 Abs. 2 S. 4 AÜG)
f. Gleichbehandlungsgrundsatz
Wie bisher gilt im Rahmen der Leiharbeit auch weiterhin der sog. Equal-Pay- und Equal-Treatment-Grundsatz. Das bedeutet, dass Leiharbeitnehmer das gleiche Entgelt erhalten müssen, wie Arbeitnehmer, die gleiche oder ähnliche Tätigkeiten im Entleihbetrieb ausüben, aber – im Gegensatz zum Leiharbeitnehmer – fest beim Entleiher über einen direkten Arbeitsvertrag angestellt sind (sog. Equal-Pay-Grundsatz).
Der Equal-Treatment-Grundsatz stellt darüber hinaus klar, dass Leiharbeitnehmer auch dieselben wesentlichen Arbeitsbedingungen erhalten sollen, wie die festangestellten Arbeitnehmer des Entleihers. Dies betrifft insbesondere den Zugang zu Sozialeinrichtungen (z.B. die Kantine).
Insbesondere vom Equal-Pay-Grundsatz konnte man jedoch in der Vergangenheit abweichen, in dem sich der Entleiher gegenüber dem Leiharbeitnehmer dazu verpflichtete, spezielle Tarifverträge aus der Leiharbeitsbranche anzuwenden: Unter Bezugnahme auf die Tarifverträge zwischen dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) und dem DGB oder alternativ dem Tarifvertrag zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ e.V.) und dem DGB konnte man so dauerhaft den Equal-Pay-Grundsatz umgehen.
Dies gilt seit April 2017 nicht mehr: Spätestens nach 9 Monaten sind Leiharbeitnehmer mit den festangestellten Arbeitnehmern vollständig gleichzustellen. Davor ist eine Abweichung durch Bezugnahme auf einen Tarifvertrag jedoch noch möglich. Stichtag für die Berechnung der neun Monate ist auch hier der 01.04.2017. Durch einen Tarifvertrag kann zwar auch diese Frist verlängert werden, allerspätestens jedoch nach 15 Monaten greift die vollständige Gleichstellung.
Bei einer Verletzung des Gleichstellungsgrundsatzes kann pro Leiharbeitnehmer ein Bußgeld von bis zu € 500.000 gegen den Verleiher verhängt werden.
g. Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher
Bei gewissen Verstößen gegen das AÜG (z.B. fehlende Überlassungserlaubnis des Verleihers) sah das Gesetz bereits zuvor eine strenge Rechtsfolge vor: Es wurde in solchen Fällen ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher fingiert. D.h. der Leiharbeitnehmer hat automatisch ein zweites Arbeitsverhältnis zum Entleiher, aus dem er nun einen direkten Beschäftigungsanspruch herleiten konnte.
Diese Rechtsfolge gibt es zwar weiterhin, allerdings wurde mit der Reform 2017 eine neue Option eingefügt: die sog. Festhalteerklärung des Leiharbeitnehmers. Dies ist die Erklärung des Leiharbeitnehmers, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält.
Diese Erklärung des Arbeitnehmers muss freiwillig erfolgen und ist an strenge Formvorschriften und Fristen gebunden:
- Sie muss spätestens zum Ablauf eines Monats, nach dem für den Beginn der Überlassung vorgesehenem Zeitpunkt erfolgen.
- Sie muss schriftlich & persönlich durch den Leiharbeitnehmer bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorgelegt werden.
- Die BA versieht die Erklärung dann mit dem Datum der Vorlage sowie dem Hinweis, dass die Identität des Leiharbeitnehmers geprüft wurde und leitet dies Erklärung sowohl an den Ver- als auch an den Entleiher weiter.