Betriebsbedingte Kündigung wegen Aufgabenübertragung an eine Konzernschwester

BAG, Urteil vom 28.02.2023 – 2 AZR 227/22

Der Fall:

Der Kläger war bei der Beklagten, einer deutschen Tochtergesellschaft der M-Inc., als „Vice President & Country Manager Germany“ im Vertrieb beschäftigt. Neben dem Kläger waren dort sechs weitere Mitarbeiter als Sales Directors beschäftigt. Der Kläger war das Bindeglied zwischen dem „Area Vice President“ und den Sales Directors. Die Beklagte hatte die Entscheidung getroffen, dass zukünftig alle Sales Directors unmittelbar an den Area Vice President berichten sollen. Die Konsequenz hiervon war für den Kläger, dass dessen Aufgaben von Beschäftigten der M-Ltd, daher einer Schwestergesellschaft der Beklagten, übernommen werden sollen. Der Kläger erhielt eine betriebsbedingte Kündigung. Seine Klage hiergegen war sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch dem Landesarbeitsgericht erfolgslos.

Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht wies die Revision ab und stellte fest, dass die Gerichte hinsichtlich der vom Arbeitgeber getroffenen Unternehmerentscheidung, die zu einer betriebsbedingten Kündigung führt, lediglich eine „eingeschränkte Prüfung“ vornehmen müssten. Laut BAG kann der Arbeitgeber bis zur Grenze der Willkür auch wirtschaftlich nicht notwendige Organisationsentscheidungen treffen.

Das BAG stellte somit fest, dass die Entscheidung der deutschen Gesellschaft, die Aufgaben des Klägers an die englische Konzernmutter zu übertragen, weder willkürlich noch unvernünftig war. Bei der Fremdvergabe von Aufgaben komme es nicht auf Kostenersparnis an, wie der Kläger argumentierte. Die deutsche Gesellschaft war durch das KSchG nicht daran gehindert, die länderübergreifende Zusammenarbeit ihres Vertriebsteams von einem anderen Land aus steuern zu lassen. Auch lag keine rechtswidrige Überforderung oder Benachteiligung des deutschen Teams vor. Die Unternehmerentscheidung sei laut BAG durch die unternehmerische Freiheit des Arbeitgebers gemäß Art. 12, 14, 2 Abs. 1 GG geschützt.

Fazit:

Unternehmerentscheidungen sind bei betriebsbedingten Einzelkündigungen selbst dann geschützt, wenn bereits zum Kündigungszeitpunkt absehbar ist, dass der Arbeitgeber mit seiner Maßnahme die angestrebten Ziele nicht erreichen kann. Die ältere Rechtsprechung des BAG, wonach der Arbeitgeber seine Entscheidung hinsichtlich „ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit“ verdeutlichen müssen, wird vom BAG nicht mehr angewandt. Das aktuelle Urteil stellt somit ziemlich genau das Gegenteil von dieser früheren Ansicht dar.