Vergütungsanspruch aufgrund betrieblicher Übung

Auch aus einer betrieblichen Übung, kann sich eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers ergeben.

1. Begriff der betrieblichen Übung

Betriebliche Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus der die Arbeitnehmer schließen können, dass ihnen die aufgrund dieser Verhaltensweise gewährten Leistungen oder Vergünstigungen auch künftig auf Dauer gewährt werden. Durch dieses tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers erwirbt der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die regelmäßige Leistung bzw. Vergünstigung, wenn der Arbeitgeber diese drei Mal vorbehaltlos gewährt hat (z.B. Zahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld). Die Gewährung ist jedoch nur dann vorbehaltlos, wenn der Arbeitgeber bei der Zahlung nicht ausdrücklich erklärt hat, dass sie freiwillig und ohne Rechtsanspruch für die Zukunft erfolgt.

Abzugrenzen ist die betriebliche Übung zudem von der sog Gesamtzusage. Anders als bei der betrieblichen Übung liegt bei der Gesamtzusage ein ausdrücklicher Erklärungstatbestand vor. Hierbei sagt der Arbeitgeber den Arbeitnehmern generell eine bestimmte Leistung bei Vorliegen bestimmter Leistungsvoraussetzungen zu. Die Arbeitnehmer erwerben dann einen vertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, sofern sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen.

Gegenstand der betrieblichen Übung müssen jedoch nicht zwingend Vergütungen sein. Jede für einen Arbeitnehmer günstige Leistung kann darunterfallen, beispielsweise:

  • Vergütungsansprüche
  • Betriebliche Altersvorsorge
  • Essenszuschuss

Möchte der Arbeitgeber eine Bindungswirkung für die Zukunft ausschließen, hat das BAG hierfür zuletzt Formulierungen wie „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ oder „kein Rechtsanspruch für die Zukunft“ empfohlen (BAG, Urteil vom 19.05.2005, 3 AZR 660/03). Allerdings wird die Rechtsprechung immer strenger, so dass immer mehr klassische Regelungen als unwirksam betrachtet werden.

2. Beendigung der betrieblichen Übung

Ändert der Arbeitgeber einseitig das einer betrieblichen Übung zugrundeliegende Verhalten, führt dies allein noch nicht zu einer Beseitigung des verpflichtenden Charakters der betrieblichen Übung. Allerdings kann auf diese Weise eine neue betriebliche Übung begründet werden.

Hat der Arbeitgeber die mittels betrieblicher Übung gewährten Leistungen lediglich widerruflich erteilt, kann er seine Verpflichtung mittels Widerruf für die Zukunft beseitigen. Hat er die Leistungen jedoch vorbehaltlos gewährt, kommt lediglich eine einvernehmliche Vertragsänderung oder eine Kündigung bzw. Änderungskündigung des Einzelarbeitsverhältnisses in Betracht.

Selbst das Bestehen einer wirtschaftlichen Notlage berechtigt den Arbeitgeber nicht zu einer einseitigen Einstellung der betrieblichen Übung (LAG Hamm, Urteil vom 13.09.2004, 8 Sa 721/04). Eine kollektive Kündigung der betrieblichen Übung gegenüber dem Betriebsrat oder eine Teilkündigung sämtlicher betroffener Arbeitsverhältnisse bezüglich der durch die betriebliche Übung gewährten Leistungen ist nicht möglich.

Verdrängt wird eine bestehende betriebliche Übung jedoch durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung, wenn diese für die Arbeitnehmer günstigere Regelungen enthält. Anders als die endgültige Ablösung dauert die verdrängende Wirkung nur solange, wie die Betriebsvereinbarung besteht. Danach leben die individualrechtlichen Ansprüche aus der betrieblichen Übung wieder auf (BAG, Urteil vom 28.03.2000, 1 AZR 366/99). Eine Ablösung durch eine verschlechternde Betriebsvereinbarung ist nicht zulässig.